Leer stehende Häuser in Erkelenz werden wieder belegt Flutopfer ziehen in Braunkohle-Dörfer

Erkelenz · Zahlreiche von RWE gekaufte Häuser in den Erkelenzer Umsiedlungsorten stehen leer. In einigen davon werden nun Hochwasser-Betroffene untergebracht – ein schwieriges Unterfangen.

 Auch in Keyenberg gibt es schon zahlreiche verlassene Häuser.

Auch in Keyenberg gibt es schon zahlreiche verlassene Häuser.

Foto: Laaser, Jürgen (jl)

Bei der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli haben zahlreiche Familien ihr Zuhause vorübergehend oder für immer verloren. Bereits schnell entstand in den sozialen Medien daher die Idee, Betroffene könnten doch in den zahlreichen leerstehenden Häusern untergebracht werden, die in den Umsiedlungsstandorten rund um die drei Braunkohletagebaue im Rheinischen Revier stehen. Tagebaubetreiber RWE hat diese Idee schnell in die Tat umgesetzt: Wie Unternehmenssprecher Guido Steffen unserer Redaktion mitteilte, sind mittlerweile 15 Familien in Umsiedlungsorten untergekommen – allerdings nicht nur in Erkelenz, sondern etwa auch in Morschenich, das am Tagebau Hambach liegt. In den Erkelenzer Dörfern soll es sich um knapp fünf Familien handeln, die bereits eingezogen sind.

Das Interesse an der RWE-Aktion sei riesig gewesen, berichtet der Sprecher: „Unsere Kollegen hatten insgesamt mehr als 250 Anfragen nach Wohnungen.“ Rund 200 Familien hätten danach auch Angebote erhalten, die sie jedoch ablehnten. „Das hatte ganz verschiedene Gründe. Oft waren die Häuser einfach zu weit weg vom Lebensmittelpunkt der Menschen. Wer einen Arbeitsplatz in der Region hat oder wessen Kinder dort in die Schule gehen, der kann nicht mal eben aus dem Ahrtal nach Erkelenz ziehen. Auch nicht, wenn es nur übergangsweise ist“, sagte Steffen.

15 Familien hätten aber zugesagt. „Wir freuen uns, dass wir immerhin diesen Familien helfen können. Die Not, die bei den Betroffenen herrscht, ist unbeschreiblich“, sagte der Sprecher. Die passenden Häuser, die teilweise schon viele Monate leerstehen, zu finden und bewohnbar zu machen, sei eine schwierige Aufgabe – zumal auch Versicherungsdetails zu klären seien: „Ich weiß, dass die Kollegen damit eine irrsinnige Arbeit haben. Es gibt keine Standardlösung. Man muss in jedem Einzelfall schauen, welches Haus passt, was gebraucht und gemacht werden muss.“

In leerstehende Häuser müssten die Betroffenen allerdings nicht einziehen – schließlich sei die Hilfsbereitschaft in der gesamten Region enorm groß. „Es gibt so viele Organisationen, die sich darum kümmern, dass diese Menschen nicht nur ein Dach über dem Kopf haben, sondern auch dort wohnen können. Eine Firma hat zum Beispiel Elektro- und Haushaltsgeräte gestiftet“, sagte Steffen.

Hilfe hat auch die Stadt Erkelenz angeboten. Wie Hans-Heiner Gotzen, Erster Beigeordneter der Stadt, mitteilte, würde man die aufgenommenen Familien willkommen heißen und versuchen, ihnen das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Den Betroffenen sei eine Kontaktperson genannt worden, die jederzeit für Fragen und Probleme aller Art bereitstünde.

In den akut vom Tagebau Garzweiler II bedrohten Dörfern Keyenberg, Kuckum, Berverath, Unter- und Oberwestrich stehen mittlerweile eine Vielzahl von Wohnhäusern leer. Mehr als die Hälfte der Einwohner sind bereits umgesiedelt, viele davon an den Umsiedlungsstandort, ein Neubaugebiet im Erkelenzer Norden. Nachdem es lange klar schien, dass die fünf Dörfer, genau wie das bereits weitgehend leere und in Teilen abgerissene Lützerath, in den kommenden Jahren vom Tagebau verschluckt werden, hatte die neue Leitentscheidung der NRW-Landesregierung den Verbliebenen wieder neue Hoffnung gemacht: Nunmehr soll eine Entscheidung über die fünf Dörfer erst im Jahr 2026 fallen.

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