Erkelenz Erkelenz bietet Rechten die Stirn

Erkelenz · Gegen Hass, Gewalt und Rassismus: Mit einem breiten bürgerlichen Bündnis begegnet die Erka-Stadt einer Kundgebung von Rechten. Die Innenstadt ist morgen weitgehend abgeriegelt. Es wird eine massive Polizeipräsenz erwartet.

 Durchfahrt verboten: Wegen mehrerer Kundgebungen wird die Erkelenzer Innenstadt morgen ab 8 Uhr weitgehend abgeriegelt. Die Polizei leitet den Fahrzeugverkehr über die Theodor-Körner-Straße ab. Betroffen ist auch der ÖPNV.

Durchfahrt verboten: Wegen mehrerer Kundgebungen wird die Erkelenzer Innenstadt morgen ab 8 Uhr weitgehend abgeriegelt. Die Polizei leitet den Fahrzeugverkehr über die Theodor-Körner-Straße ab. Betroffen ist auch der ÖPNV.

Foto: JL

Mehrere hundert Gegendemonstranten werden morgen im Ziegelweiherpark erwartet, wenn sich ab 13.30 Uhr wenige Meter weiter auf dem Burgvorplatz 150 angemeldete Anhänger aus dem rechten Spektrum zu einer Kundgebung mit angekündigtem anschließenden Spaziergang durch die Innenstadt versammeln. Gestern wurde der Polizei noch eine dritte Anmeldung zu einer versammlungsrechtlichen Veranstaltung in Erkelenz vorgelegt.

Unter der Überschrift "Bürger stehen auf" ist für 14 Uhr eine Kundgebung auf dem Burgvorplatz geplant, die sich nach Polizeiangaben gegen Asylmissbrauch richtet. Auf der Rednerliste, die seit Tagen im Internet kursiert, tauchen Mitglieder von NPD, Pro NRW und HoGeSa auf. Das Bündnis gegen Rechts kündigt eine Gegendemonstration im Ziegelweiherpark an. Seit gestern liegt der Polizei eine dritte Anmeldung (20 Personen) unter dem Titel "Solidarität mit allen Geflüchteten" vor.

Nach den Kundgebungen auf dem Burgvorplatz und im Ziegelweiherpark wollen die Gegendemonstranten die Rechten auf deren Weg durch die Innenstadt mit einem Abstand von rund 150 Metern begleiten. Dabei werden die Gegendemonstranten Warnwesten tragen und symbolisch mit Holzbesen, deren Stiele laut Veranstalter aus Sicherheitsgründen nicht dicker als zwei Zentimeter sein dürfen, hinter den Rechten die Straßen fegen. "Wir gehen der ,braunen' Demonstration hinterher und wollen mit dieser Aktion symbolisch die fiesen Gedanken aus den Erkelenzer Straßen kehren und zeigen, dass unsere Stadt bunt und tolerant ist", erklärt Christoph Stolzenberger vom Bündnis gegen Rechts. Er geht davon aus, dass morgen mit einer massiven Polizeipräsenz in der Erka-Stadt zu rechnen ist, da auf Seiten der Rechten eine ganze Reihe von gewaltbereiten Hooligans und vorbestrafte Kriminelle bei Facebook ihre Teilnahme angekündigt hätten. Zufrieden berichtet Stolzenberger gegenüber unserer Redaktion, dass sich in den vergangenen Tagen ein breites bürgerliches Bündnis, das morgen Farbe bekennen will, gegen die geplante Kundgebung der Rechten formiert hat. "Das hat uns sehr gefreut", sagt Stolzenberger. Das bürgerliche Bündnis wird auch aus den Nachbarstädten untersützt. So hat beispielsweise der Verein "Asyl in Wegberg" zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufgerufen. Stolzenberger: "Wir wollen bei hoffentlich gutem Wetter und - bestens beschützt durch die Polizei - ein friedliches Fest feiern und ein Zeichen setzen gegen Hass, Gewalt und Rassismus."

CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, UWG/Freie Wähler und die Bürgerpartei als demokratische Parteien und Fraktionen im Erkelenzer Stadtrat erklärten gemeinsam, dass sie den Aufruf des "Bündnisses gegen Rechts - Für Toleranz und Demokratie im Kreis Heinsberg", sich morgen ab 13.30 Uhr in Erkelenz an der Demonstration gegen Rassismus, Hass und Gewalt zu beteiligen, ausdrücklich unterstützen. "Rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien und Gruppen wie die NPD, die AfD, die Partei Die Rechte oder auch Pro NRW wollen, dass sich Rassismus und Ausgrenzung im Alltag durchsetzen. Gewalt, ob mit Worten oder Taten, ist natürlicher Bestandteil ihrer die Menschenrechte verachtenden, unchristlichen und unsolidarischen Ideologie. Diese rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien und Gruppierungen wollen keinen demokratischen und sozialen Rechtsstaat", heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Die Innenstadt wird morgen zwischen 8 und 18 Uhr weitgehend abgeriegelt sein. Das gilt für die Straßen innerhalb des Ringes Krefelder Straße, Goswinstraße, Neusser Straße, Roermonderstraße und Theodor-Körner Straße. Die Straßen rund um die Kundgebungsorte Burgvorplatz und an der Straße Am Ziegelweiher, der Bahnhofsbereich und die Wege dorthin werden für den Fahrzeugverkehr komplett gesperrt, teilt die Polizei mit. Die Zufahrt Richtung Innenstadt ist nur über die Brückstraße möglich, die Polizei leitet den Verkehr über die Theodor-Körner-Straße ab. Beeinträchtigt ist auch der öffentliche Personennahverkehr. Fußgänger sollen die Wege in der Innenstadt nutzen können, teilt die Polizei mit.

Einige Geschäftsinhaber werden ihre Läden in der Innenstadt wegen der angemeldeten Versammlungen morgen nicht öffnen. Das Bürobedarfsgeschäft Viehausen an der Kölner Straße, das samstags normalerweise bis 15 Uhr geöffnet ist, schließt bereits um 13 Uhr. Das Kaufhaus Martini hat nur bis 12 Uhr geöffnet. "Diese Situation brauche ich nicht noch mal", sagt Christopher Viehausen. Er dürfte damit vielen Einzelhändlern aus der Seele sprechen. Viehausen geht für den morgigen Tag von erheblichen Umsatzeinbußen aus.

Die Kreissparkasse Heinsberg zahlt samstags im Auftrag der Stadt Erkelenz in ihrer Hauptstelle an der Kölner Straße Geld an Flüchtlinge aus. In dieser Woche wird die Auszahlung um einen Tag verschoben, erklärte Erster Beigeordneter Dr. Hans-Heiner Gotzen unserer Redaktion. So müssen die Asylsuchenden nicht in die Innenstadt, wenn dort die Demonstrationen laufen.

Peter Jansen kam bereits am Mittwochabend im Bezirksausschuss in Gerderath auf das Thema zu sprechen. Rassismus gehöre verboten, sagte er dort. In einem Wohlfahrtsstaat dürfe niemand hilfesuchende Menschen im Stich lassen. Richtig sei, "dass die Fraktionen im Erkelenzer Stadtrat die Flüchtlingsfragen stets ohne Parteipolitik diskutieren, sondern mit Blick auf die Menschen, denen zu helfen ist".

In vergleichbarer Größenordnung waren zuletzt Ende November 2004 Demonstranten aus dem rechten Spektrum durch Erkelenz marschiert. Auch damals setzten rund 500 Erkelenzer Bürger auf dem Markt ein deutliches Zeichen gegen Rechts. Christoph Stolzenberger ist überzeugt, dass dies den Erka-Städtern morgen erneut gelingen wird. Er geht fest davon aus, dass sehr viele Menschen mit ihrer Teilnahme an der Gegendemonstration das Bündnis gegen Rechts unterstützen. "Wir werden bei der Kundgebung deutlich in der Überzahl sein", sagt er, "auch wenn wir alle uns für einen Samstagnachmittag was Schöneres vorstellen können."

(RP)
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