Betrugsversuch durch Schockanruf in Erkelenz „Sie war total aufgelöst und fahrig“

Erkelenz · Um ein Haar wäre einer Erkelenzerin ein großer Schaden entstanden. Sie hatte einen Schockanruf erhalten und wollte ihr gesamtes Geld abheben. Wie die Katastrophe verhindert wurde und warum die Frau nun warnen will.

Filialleiterin Zulaa Brendt (li.) hat die Seniorin vor einem großen Schaden bewahrt.

Filialleiterin Zulaa Brendt (li.) hat die Seniorin vor einem großen Schaden bewahrt.

Foto: Targobank

Diesen Tag wird Elke Tauber (Name von der Redaktion geändert) wahrscheinlich ihr ganzes Leben nicht mehr vergessen. Als vormittags ihr Telefon geklingelt hat, dachte die Erkelenzerin, dass sich ihr Leben schlagartig geändert hat. Am anderen Ende der Leitung hört sie nur ein Schluchzen. „Mama, ich habe ein Kind überfahren – es ist vor zwei Stunden gestorben“, sagt eine weibliche Stimme, die sie ihrer Tochter zuordnet. Die Stimme fragt, wie viel Bargeld Elke Tauber auf die Schnelle auftreiben könne – und ob dieser Betrag durch Schmuck aufgestockt werden könnte. Sekunden später fragt ein angeblicher Staatsanwalt, wie schnell das Geld denn da sein könnte, schießlich habe die Tochter auch Fahrerflucht begangen und daher werde eine hohe Kaution fällig, ansonsten müsse sie sofort ins Gefängnis. Weiter wurde ihr aufgetragen, niemandem von dem Anruf zu erzählen.

Mit dem Ziel, die verlangte Summe umgehend zu besorgen, fuhr Elke Tauber zur Targobank nach Erkelenz. Da kam Filialleiterin Zulaa Brendt ins Spiel. „Oft arbeite ich im Hintergrund, doch an diesem Tag war ich zufällig am Schalter“, sagt Brendt. Dies sollte sich für die Rentnerin als großes Glück herausstellen. Denn als sie der Filialleiterin sagte, sie wolle ihr gesamtes Geld abheben, und das auch noch so schnell wie möglich, wurde Zulaa Brendt direkt misstrauisch. „Frau Tauber war total aufgelöst und fahrig, bisher kannte ich sie nur sehr entspannt und freundlich. Daher habe ich angefangen, vorsichtig nach dem Grund für den plötzlichen Geldbedarf zu fragen“, erklärt sie ihr Vorgehen. Die Rentnerin aber wollte nicht darüber sprechen und habe ungewohnt unfreundlich reagiert, dass das die Dame auf der anderen Seite des Schalters doch gar nichts angehe, was sie mit ihrem Geld vorhabe.

Dies sei ein weiteres Warnzeichen für Zulaa Brendt gewesen. Sie bestätigt, dass es in ihrer Filiale im Schnitt zwei- bis dreimal in der Woche zu versuchten Betrügereien komme. Daher seien die Mitarbeiter speziell geschult, bei gewissen Indikatoren vorsichtig zu sein. Zulaa Brendt fragte die Erkelenzerin sogar ganz gezielt danach, ob sie einen ungewöhnlichen Anruf erhalten habe. „An der Reaktion der Kundin konnte ich sehen, dass ich Recht hatte“, sagte sie. Elke Tauber habe daraufhin sogar gesagt, sie sei sich sicher, dass es sich nicht um einen Enkeltrick handle.

Weil die Erkelenzerin nichts von den Warnungen der Bankleiterin wissen wollte, entschied sich diese, die Polizei zu informieren – unauffällig natürlich, dass Elke Tauber davon nichts merke. Doch es war klar, dass es einen Moment dauern würde, bis die Polizei in der Bank eintreffe. Also tat Zulaa Brendt alles daran, um Zeit zu schinden und die gewünschte Auszahlung hinauszuzögern. Währenddessen wurde Elke Tauber, die ihre Tochter im Gefängnis wähnte, immer unruhiger.

Erst als ihr die von Zulaa Brendt gerufenen Polizisten versicherten, dass die Tochter wohlauf sei und nichts dergleichen passiert ist, realisierte die Frau langsam, beinahe Betrügern in die Falle gegangen zu sein. Sie habe einfach nicht gemerkt, dass es sich bei der Anruferin nicht um ihre Tochter gehandelt habe. „Wahrscheinlich war das eine Kombination aus dem Schock über diese furchtbare Nachricht und der Tatsache, dass ich die weinende Frau kaum verstehen konnte“, sagt Elke Tauber. Sie hatte sogar noch versucht, die Tochter zurückzurufen. Doch da diese als Lehrerin arbeitet, ist es ihr nicht immer möglich, sofort ans Telefon zu gehen. Die Seniorin habe wirklich geglaubt, dass ihre Tochter ins Gefängnis müsse. Sie sei Zulaa Brendt daher sehr dankbar für ihren beispielhaften und besonnenen Umgang. Für solche Situationen sei ein regelmäßiger Kontakt mit den Kunden von Vorteil, sagt Zulaa Brendt.

Die Täter, so vermutet die Filialleiterin, seien der Frau bis zur Bank gefolgt. Als dort dann die Polizei aufkreuzte, zogen sie sich unerkannt zurück.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort