18-Jährige absolviert Freiwilliges Soziales Jahr Erkelenzerin plant Friedensdienst in Polen

Erkelenz · Die Erkelenzerin Pia Bayer will nach ihrem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr in Polen absolvieren – und sich dort für den Frieden einsetzen. Noch sucht sie nach Unterstützern für ihr Projekt.

 Die Erkelenzerin Pia Bayer (18) absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in Polen.

Die Erkelenzerin Pia Bayer (18) absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr in Polen.

Foto: Renate Resch

Pia Bayer macht es wie zwei ihrer älteren Geschwister: Nach dem Abitur absolviert sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Doch während die Geschwister in der Heimat blieben, zieht es die Abiturientin des Cusanus-Gymnasiums im September in die Ferne, die ihr allerdings nicht gänzlich unbekannt ist. Die 18-Jährige aus Erkelenz leistet einen freiwilligen sozialen Friedensdienst in Lublin in Polen. „Die Aktion Friedensdienst Sühnezeichen hat mir zwei Projekte vermittelt, die ich dort unterstützen werde. Zum einen arbeite ich in der Gedenkstätte Majdanek, zum anderem im Maximilian-Kolbe-Werk.“

Um diesen Friedensdienst finanziell auf eine breite Basis zu stellen, möchte sie gerne vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Patenkreis aufbauen, „um die Organisation und meinen Friedensdienst finanziell zu unterstützen.“ Sie freue sich über jeden, der sie durch eine Patenschaft motiviert und fördert, meint Pia Bayer, die im Gegenzug jedem Paten in regelmäßigen Berichten Informationen über ihre Arbeit in Polen zukommen lässt. „Nach dem jetzigen Stand der Dinge spricht aber nichts für eine Absage“, meint die Schülerin, die in der nächsten Woche nur noch ihre mündliche Abiturprüfung in Spanisch ablegen muss, um das Reifezeugnis zu erlangen.

Bis Ende August 2021 soll ihr Friedensdienst dauern, ob er tatsächlich im September beginnt, ist noch ein wenig fraglich und hängt von der Entwicklung der Corona-Pandemie ab. Pia Bayer wartet jedenfalls erwartungsvoll auf den Beginn ihres Dienstes. Ursprünglich wollte sie das FSJ in Südamerika leisten, hat sich dann aber, als sie auf die Aktion Sühnezeichen aufmerksam wurde, für Projekte in Polen, Tschechien und der Ukraine beworben. „Ich wollte etwas mit einem historischen und politischen Hintergrund machen.“

Der Zuschlag für die Tätigkeit in Lublin stieß auf allgemeines Wohlwollen in ihre Familie. „Meine Mutter kommt aus Polen, meine Großmutter lebt in Kraukau“, sagt Pia Bayer. „Da war natürlich die Freude groß.“ Auch sie ist zufrieden, da sie zumindest die Sprache versteht, wenn sie sie auch nicht spricht. Sehr entgegen kommt ihr ein Aufbauseminar zu Beginn ihres freiwilligen sozialen Dienstes in Krakau. Die Besuche bei der Großmutter sind da schon fest eingeplant. Von Krakau geht es dann weiter nach Lublin.

Dort betreibt die Aktion Sühnezeichen eine Wohngemeinschaft, in der Pia Bayer unterkommt. Drei Tage pro Woche wird sie in der Gedenkstätte Majdanek arbeiten. Ihr Ziel ist es, nach der Eingewöhnung Führungen durch die Gendenkstätte in deutscher und englischer Sprache durchzuführen. „Das Interesse daran ist immer noch sehr groß.“ Die beiden anderen Tage der Woche wird sie für das Maximilian-Kolbe-Werk im Einsatz sein. „Dabei betreue ich NS-Überlebende in Lublin.“ Der Kontakt mit diesen Menschen werde sehr interessant und aufregend sein. „Von Zeitzeugen zu hören, was vor fast acht Jahrzehnten passiert ist, ist eine Erfahrung, die nicht jeder machen kann.“

Da kommen ihr die Kenntnisse der polnischen Sprache durchaus zugute. Pia Bayer glaubt, man werde ihr unbefangen gegenüber treten, zum einen wegen der eigenen familiären Herkunft, zum anderen aus der Begegnung mit polnischen Schülern, die sie bei einem Besuch eines Gymnasiums in Krakaus gemacht hat. Sie fühlt sich gut aufgehoben in Lublin und freut sich auch auf Begegnungen in ihrer Freizeit. „Lublin ist eine Studentenstadt. Da gibt es viel zu sehen und zu reden.“ Ob sie selbst einmal dort studieren wird, lässt Pia Bayer offen. „Über ein Studium habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.“

Auch nach dem Einführungsseminar in Krakau wird sie von der Aktion Sühnezeichen während ihrer Tätigkeit dauerhaft unterstützt. „Es gibt rund zehn FSJler, die den Friedensdienst in Polen verrichten. Wir treffen uns regelmäßig zu Weiterbildungsseminaren.“ Und wenn Pia Bayer tatsächlich einmal der Sinn auf eine Abwechslung vom anstrengenden Sozialdienst, der ihr immer wieder die Gräueltaten vor rund acht Jahrzehnten vor Augen hält, gibt es ja immer noch den Zug, der sie in vier Stunden von Lublin nach Kraukau bringt; dorthin, wo ihre Großmutter sie immer mit offenen Armen empfängt.

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