Erkelenz Enttäuscht von Gespräch über Tagebau

Erkelenz · Die Erkelenzer Ratspolitiker lassen nicht locker. Sie wollen eine verlässliche Aussage über die Zukunft des Tagebaus Garzweiler II von Ministerpräsidentin Kraft, mindestens aber vom zuständigen Fachminister oder einem Staatssekretär.

 Landtag, Fernsehturm und dahinter das Stadttor, in dem die Staatskanzlei untergebracht ist – dorthin waren aus Erkelenz gestern Bürgermeister, Beigeordnete und Bürgerbeiratsvertreter gefahren.

Landtag, Fernsehturm und dahinter das Stadttor, in dem die Staatskanzlei untergebracht ist – dorthin waren aus Erkelenz gestern Bürgermeister, Beigeordnete und Bürgerbeiratsvertreter gefahren.

Foto: ENDERMANN (ARCHIV)

Das gestern zwischen der Erkelenzer Stadtspitze und hochrangigen Verwaltungsvertretern der Staatskanzlei in Düsseldorf geführte Gespräch über die Zukunft des Braunkohlentagebaus in Erkelenz reicht aus Sicht des Stadtrats nicht aus. Der war gestern Abend zur Sondersitzung zusammengekommen, um sich über die Ergebnisse des Gesprächs informieren zu lassen.

Einen Monat ist es her, da hatte die Nachricht vom möglichen früheren Aus für den Tagebau Garzweiler II und das folgende Dementi von RWE Power die Menschen in Erkelenz in große Verunsicherung gestürzt. Aus Sicht aller Ratsfraktionen und der Stadtverwaltung fehlte danach jene Verlässlichkeit für die künftigen Umsiedler, die nötig ist, um den Prozess fortzusetzen und durch das Aufgeben der Heimat mit zu tragen. Ein offener Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wurde geschrieben, worin sie um Hilfe gebeten wurde, für klare Aussagen und damit Verlässlichkeit zu sorgen. Gestern folgte darüber ein Gespräch in der Staatskanzlei.

Als einen wichtigen Schritt hin zu einer verlässlichen Aussage, ob der Tagebau energiewirtschaftlich auch nach diesem Jahrzehnt noch notwendig ist, hatte Bürgermeister Peter Jansen das Gespräch bewertet. Zuletzt hatte es danach ausgesehen, dass das Land erst Mitte 2015 eine Aussage über die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus treffen würde. Nun aber soll das im März, April 2014 geschehen, wenn der Braunkohlenausschuss der Bezirksregierung Köln das nächste Mal zusammenkommt. Auch der Bergbautreibende soll bis zu dem Zeitpunkt eine verbindliche Erklärung zur Notwendigkeit des Tagebaus in der Zeit ab etwa 2018 abgeben. "Das Land sagt zu, alles zu unternehmen, von RWE und sich selbst für April eine eindeutige und unzweifelhafte Aussage zur wirtschaftlichen Notwendigkeit von Garzweiler II vorliegen zu haben", erklärte Bürgermeister Jansen. Das halbe Jahr bis dahin werde benötigt, um diese Aussagen zu erarbeiten. So lange werde Erkelenz den Umsiedlungsprozess weiterhin nicht fortsetzen, sei gemeinsam mit den Vertretern des Landes vereinbart worden: "Wir hatten einen konstruktiven, offenen Austausch, der sehr in die Tiefe ging. Und uns wurde das absolute Verständnis für die Reaktion aus Erkelenz im Namen von Frau Kraft ausgerichtet." Erkelenz sei einen Schritt weiter als vor drei Wochen, "die Staatskanzlei hat unser Anliegen als berechtigt eingestuft", aber Erkelenz sei noch nicht da, wo die Politiker mit ihrem offenen Brief an die Ministerpräsidentin hinwollten: zur wiedererlangten Verlässlichkeit.

Nur Verständnis, weiterhin keine klare Aussage — das war dem Stadtrat zu wenig. "Es wird weiter mit dem Schicksal der Menschen in Erkelenz gespielt", war das Fazit von Rainer Merkens (CDU). Er hoffe, der Rat bleibe bei seiner klaren gemeinsamen Haltung, die in den offenen Brief an Hannelore Kraft gemündet war. Enttäuscht war ein Wort, das gestern Abend oft viel, so von Rainer Rogowsky (SPD). "Wir müssen etwas zur Kenntnis nehmen, das uns weiter in unserer zerrissenen Lage zurücklässt", sagte Jürgen Kowalzik (Bürgerpartei).

Enttäuschung ist nicht gleich Resignation. Das machten die Politiker deutlich. "Es ist Sand bei RWE im Getriebe. Ich habe das Gefühl, die Menschen erwarten jetzt von uns, dass wir einen Schritt weitergehen", sagte Hans Josef Dederichs (Grüne) "Wir als Fraktionen sollten in den nächsten Wochen zusammen überlegen, ob wir nicht noch ein Sandkorn ins Getriebe werfen können — vielleicht können wir so ein bisschen unserer Heimat erhalten." An die eigene rot-grüne Koalition im Landtag gerichtet, erklärte Stephan Pütz (Grüne): "Wir müssen SPD wie Grüne dort abholen, wo sie wie im Wahlprogramm Zusagen zur klimaschützenden Energiepolitik gemacht haben — da sieht es für unsere Ziele gar nicht schlecht aus."

Dass der Brief an die Ministerpräsidentin auf Verwaltungsebene abgehandelt wurde, stieß auf große Kritik "Bei einem Anliegen, das Tausende Menschen betrifft, hätte ich erwartet, dass sich Frau Kraft, der Fachminister oder wenigstens ein Staatssekretär dafür Zeit nehmen würde", sagte Werner Krahe (FDP) — und in diesem Sinne, erweitert um eine verkürzte Zeitspanne bis zu einer klaren Aussage über die Tagebauzukunft, fiel am Ende der einstimmig gefasste Ratsbeschluss: Er formulierte die Aufforderung, dass vor März 2014 ein alles klärendes Gespräch zwischen Erkelenz und entweder Hannelore Kraft, dem Minister oder einem Staatssekretär stattfinden muss.

(RP)
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