Erkelenz Entdeckungsreise in den Meinweg

Erkelenz · Den Blick schärfen für die Besonderheiten der Landschaft und ihre Geschichte – das ist Norbert Helpensteins Ziel. Der Natur- und Landschaftsführer entdeckt im Grenzland zwischen Wegberg und Roerdalen immer neue Reize. Und lässt die Naturfreunde daran teilhaben.

Den Blick schärfen für die Besonderheiten der Landschaft und ihre Geschichte — das ist Norbert Helpensteins Ziel. Der Natur- und Landschaftsführer entdeckt im Grenzland zwischen Wegberg und Roerdalen immer neue Reize. Und lässt die Naturfreunde daran teilhaben.

"Nicht in diesen Schuhen", sagt Norbert Helpenstein mit Blick auf meine Füße am Start zur sechstündigen Meinweg-Wanderung. Doch schnell sind die Auto-"Treter" gegen robuste Wanderschuhe getauscht, und der Wanderführer kann zufrieden die Gruppe begrüßen.

38 Menschen zwischen (geschätzt) Mitte 30 und Anfang 70 haben sich am Dalheimer Wanderparkplatz Sechseichen an einem vorfrühlingshaften Samstag zur Wanderung eingefunden. Sie wollen in der vom Naturpark Schwalm-Nette angebotenen Tour den blühenden Gagel entdecken — als ersten Frühjahrsboten in der feuchten Heidelandschaft.

"Na hoffentlich weiß der Gagelstrauch das auch", sagt Wahl-Wildenrather Helpenstein, der bis vor wenigen Jahren in Rheydt eine Bäckerei führte, mit seinem ureigenen Humor. Die unpathetische, nie dozentenhaft daherkommende Art des 63-Jährigen schätzen die Stammgäste unter den Wanderfreunden — und das sind nicht wenige, wie der familiäre Ton verrät.

Und sie wissen auch, dass sie "kein Spaziergang" erwartet, wie Helpenstein es ausdrückt, sondern eine mehrstündige Entdeckungsreise. Dies freilich in stets gemächlichem Tempo, wobei es so manches über Vegetation, Tierwelt und Geschichte der Region zu erfahren gibt.

In der Tat scheint Helpenstein den direkten Draht zur Natur zu haben, denn der Gagel hat sich ins Zeug gelegt, bildet beim Elfenmeer einen sanft braunroten Teppich in der sonst noch kargen Heidelandschaft. Dass die in der Hand zerriebenen Blüten einen süßlichen Geruch ausströmen, erschnuppern die Wanderer.

Und sie erfahren, dass der Gagel Hauptbestandteil einer Gewürzmischung war (und ist), die schon im Mittelalter zum Bierbrauen verwendet wurde. Heute lebe die Tradition wieder auf, Grutbier werde hier und da in der Provinz Limburg und in Belgien wieder angeboten, weiß Helpenstein. Grut, niederdeutsch für Gagel, kam im Begriff des Gruters (Bierbrauers) vor, aus dem sich etliche Familiennamen (Greuter, Grüter, Gruyter) ableiten, erzählt der Wanderführer.

Mit "Geschichte und Geschichten" den Blick schärfen für Besonderheiten der Landschaft, das ist sein Ziel. Dazu hat der Ehrenamtler, der sich vor fünf Jahren vom Naturpark Schwalm-Nette für Monatswanderungen im Großraum Meinweg anwerben ließ, nicht nur Bücher gewälzt, sondern vor allem mit Heimatkundlern, Alteingesessenen, Naturschützern und Forstleuten diesseits und jenseits der Grenze gesprochen.

Die Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland spielte in der Geschichte des Meinwegs erst spät eine Rolle. Jahrhunderte lang wurde der Bereich von 14 Dörfern zwischen Vlodrop und Oberkrüchten, Karken und Roermond "gemeinsam" als Weideland und Holzreservoir genutzt — und bekam so seinen Namen.

Tiermäuler und Menschenhand formten die Meinweg-Landschaft. Auch uralte Verbindungswege, wie etwa Hooibaan und Leichenweg, um die sich viele Geschichten ranken, kreuzt die Wandergruppe. Langweilig wird Helpenstein diese Landschaft nie. "Auch allein bin ich immer wieder unterwegs und entdecke Neues", erzählt er.

Was macht für ihn den Reiz dieses Gebietes aus? Die Abwechslung von Heiden, Wald, offenen Flächen und die aus der Eiszeit stammenden Brüche und Einschnitte faszinieren ihn. "Jedes Tal hat hier seinen eigenen Reiz ", sagt Helpenstein.

Mittlerweile sind die Gagelblüten dem ersten Blattgrün gewichen, Birken schlagen aus, Kaulquappen fühlen sich an den Heidegewässern putzmunter, und Insekten, ein besonderer Reichtum des Meinwegs, schwirren schon, sagt der Wanderführer. Na, wenn das keine Einladung zum Osterspaziergang ist.

(RP)
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