Erkelenz Ein Stück Lebenswerk vollendet

Erkelenz · Rund 35 Jahre hat Boris Fröhlich an seiner 56 Blätter umfassenden Serie zur "Apokalypse" gearbeitet. Zum 65. Geburtstag stellte der Künstler im Immerather Atelier jetzt den kompletten Radierungszyklus vor.

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Foto: Günter Passage

Der 56 Blätter umfassende Zyklus von Farbradierungen zur biblischen Apokalypse des Johannes ist ein mächtiges Stück Lebenswerk des Künstlers Boris Fröhlich. Das Thema hat ihn fasziniert, aber auch mental und körperlich mitgenommen, erzählt der Künstler nach längerer Krankheit, die sicher auch mit der Anspannung zu tun hatte, wie er glaubt. "Ich bin froh, dass ich diesen Abschnitt geschafft habe", sagt Fröhlich, der seinen 65. Geburtstag zur Vorstellung des nach rund 35 Jahren vollendeten Zyklus nutzte. Kunstinteressierte, Freunde und Weggefährten waren dazu ins Immerather Atelieranwesen eingeladen.

Ein Kunstanwesen nämlich kann man das Areal mit Atelier-/Wohnhaus und den angrenzenden Gebäuden des verwaisten und von Fröhlich als Ausstellungsforum genutzten alten Klosters in der Tat nennen. Vor zehn Jahren zog der aus Lohr am Main stammende Künstler, der vorher etliche Jahre in Neuss wohnte und arbeitete, in den mittlerweile aufgrund des nahenden Tagebaus aussterbenden Ort. Und er sagt: "Für mich ist dies hier eine Insel", die ihm, dem akribischen Tüftler in grafischen Techniken, gerade recht kam. Ans Wegziehen mag er noch nicht denken.

Wer Fröhlich, vordergründig der Typ des lebensfrohen Genussmenschen, gegenübersitzt, wird möglicherweise erstaunt sein, wenn der Künstler von der Faszination berichtet, die die Bibel und theologische Themen für ihn und seine Kunst zeitlebens besitzen. Ein Fülle von Werken, einige hängen in den Klosterräumen, beschäftigen sich mit Themen des Alten und Neuen Testaments.

Sie entstanden immer in engem Dialog mit Theologen, darunter der heutigen Wissenschaftsministerin Annette Schavan, die Fröhlich irgendwann mal nach der Apokalypse gefragt hatte. "Damals aber fühlte ich mich noch nicht reif dafür", erzählt der Grafiker.

Später begann er dann doch mit ersten Kohleskizzen und Druckversuchen zur Offenbarung, die ihn ein halbes Leben lang begleiten sollte — inspiriert von der Übersetzung des Buches durch Fridolin Stier, den er selbst kannte, und den Austausch mit seinen wissenschaftlichen Partnern, dem katholischen Theologen Manfred Becker-Huberti, der am Samstag sprach, und dem evangelischen Pfarrer und Superintendenten Hermann Schenck (Neuss). Wer erfährt, dass Fröhlich selbst russisch-orthodoxen Glaubens ist, spürt den wahrhaft ökumenischen Geist dieser Zusammenarbeit, den auch Becker-Huberti ansprach. Er und Schenck verfassten die "Texturen", Interpretationen und Reflexionen, die neben den Bibelpassagen jeder der 56 Radierungen beigesellt sind.

Becker-Huberti verwies auf die Aktualität der Auseinandersetzung mit der Apokalypse, die vielfältige Assoziationen erlaube und die in der unbequemen Aufforderung gipfele, "dass Menschen sich verantworten, Rechenschaft ablegen müssen für ihr Handeln". Uralte Fragen der Menschen, was nach dem Ende passiert, würden in der Apokalypse thematisiert.

Becker-Huberti sieht Fröhlichs "zeitlose Bilder — sie könnten 500 Jahr alt sein" — als idealen Einstieg in die Auseinandersetzung mit den Texten. Die Radierungen in leuchtkräftigen Farben verbinden bewegte Figuren und Körper mit einer geometrischen Symbolsprache, die Fröhlichs Auseinandersetzung mit der jüdischen Zahlenmystik Kabbalah verrät.

(RP)
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