Erkelenz "e-tiefengrund": neue elektronische Musik

Erkelenz · Neue Klänge mit alter Technik - Silvia und Michael Kempe, die Gründer vom Kunstlabor, haben ihr drittes Analog-Elektronik-Album mit vier jeweils 15 bis 20 Minuten langen Stücken eingespielt.

Auch wenn sie diese Bezeichnung selbst vielleicht ein wenig kurios finden: In einer Hinsicht sind Silvia und Michael Kempe ausgesprochen konservativ. Und das erstreckt sich darauf, wie das Ehepaar aus Lövenich, Gründer und bis vergangenes Jahr auch Macher des bekannten Kunstportals kunstlabor.de, als Duo "e-tiefengrund" seit jeher seine elektronische Musik produziert: nicht digital, sondern mit der guten alten Analogtechnik. Womit die Kempes ganz in der Tradition der Berliner Schule stehen, des Vorreiters der elektronischen Musik in den frühen 70er Jahren. Dazu zählen so bekannte Bands wie Kraftwerk und Tangerine Dream, vor allem aber auch Klaus Schulze.

"Digital erzeugte Klänge klingen kalt, analoge warm und druckvoll", erläutert Michael Kempe. Das Ehepaar hat soeben im heimischen Studio sein drittes Album aus den "Voltage Sessions" eingespielt - wie immer mit "Mick" (so nennt er sich als Künstler) an den Synthesizern und "Silvie" am Drumset. "The Code" haben die Kempes ihren Drittling getauft. "Das Thema DNA, die Trägersubstanz des genetischen Codes und das darin liegende Wunder der Selbstorganisation der Moleküle, die dann so etwas Wunderbares wie den Menschen entstehen lässt, beschäftigt uns schon seit langem", erläutert Michael Kempe.

Die Verbindung von DNA und elektronischer Musik hat das Duo auch bildlich gekonnt umgesetzt: Auf dem Cover der CD enden Synthesizer-Kabel in Reagenzgläsern. Und auch die Songtitel der vier jeweils 15 bis 20 Minuten langen Stücke beschäftigen sich - in freilich etwas kryptischer Form - ganz eng mit der DNA. Die heißen "Nineda", "Ninaug", "Nisotyc" und "Nimyht". Na, fällt der Groschen? Michael Kempe ist jedenfalls gespannt: "Mal schauen, wer diesen ,Code' entschlüsselt", bemerkt er schmunzelnd.

Passend zum Thema sei auch die Musik geworden, versichern beide. "Die ist experimenteller als noch beim zweiten Album. Wir haben versucht, das Komplexe auch in der Musik darzustellen", erläutert Mick - und Silvie ergänzt: "Es ist eine Reise durchs Wirrwarr. Aus Einzelteilen entsteht ein Ganzes - und das zerfällt dann wieder in seine Einzelteile."

Um dem Verdacht entgegenzuwirken, dass der musikalische Otto Normalverbraucher das Ganze vielleicht nur als abgedreht bezeichnen könnte, schiebt Mick aber noch schnell eine Versicherung hinterher: "Die klassische Harmonielehre ist bei uns nach wie vor das Gerüst - nur ist die eben nicht immer zwingend zu hören." Und in technischer Hinsicht sei elektronische Musik im Grunde nichts anderes als Wechselspannung. "Ich denke in physikalischen Spannungen", sagt Mick - und präzisiert: "Ein Volt umfasst eine Oktave. Pro Ton macht das also ein Zwölftel Volt."

Und dann geht Michael Kempe mit dem Besuch in sein Studio, zeigt in der Praxis, wie bei ihm das Musizieren so abläuft. Da wirbelt er virtuos mit Oszillatoren, Sequenzern und Synthesizer-Tastaturen, steckt Kabel rein und raus, verändert so Klangfarbe, Töne und Rhythmus. "Und das alles eben ohne Computer. Genau das zeichnet unsere elektronische Musik aus."

Vertrieben wird die CD "The Code" beim Spartenlabel Syngate Records.

(emo)
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