Erkelenz Der Künstler und seine Modelle

Erkelenz · Seit Jahren beschäftigt sich Boris Fröhlich mit Aktstudien. In der neuen Atelierausstellung kommen auch einige der Modelle zu Wort. Weiteres Thema sind Grafiken aus den "sterbenden Dörfern".

 Boris Fröhlich mit seinen Werken zum Thema "Hummer". Sie waren sein Motiv für die Proben mit dem für ihn neuen Material Magnesium, das er für den Auflagendruck der Bilder zur Offenbarung ausprobierte.

Boris Fröhlich mit seinen Werken zum Thema "Hummer". Sie waren sein Motiv für die Proben mit dem für ihn neuen Material Magnesium, das er für den Auflagendruck der Bilder zur Offenbarung ausprobierte.

Foto: Günter Passage

Boris Fröhlich öffnet wieder sein Immerather Atelier für die Kunstfreunde. Zum Auftakt gibt es am 12. April einen Atelierabend bei Brot und Wein. Schwerpunkt der aktuellen Schau bilden diesmal nicht Fröhlichs Grafiken zur Apokalypse, sondern andere Themen, die ebenfalls seit längerer Zeit seine Arbeit durchziehen.

Hummer, Akte und Landschaften sind Themen Ihrer aktuellen Atelierausstellung, eine ungewöhnliche Kombination. Was erwartet den Besucher?

Boris Fröhlich Zu allen drei Themen habe ich in unterschiedlichen Techniken Bilder geschaffen, die ich zum Teil noch nicht gezeigt habe. Die Hummer, die ich übrigens auch als Delikatessen schätze, waren mein Motiv für die Proben mit dem für mich neuen Material Magnesium, das ich für den Auflagendruck der Bilder zur Offenbarung ausprobieren musste, weil es die gewohnten Zinkplatten für Klischees inzwischen nicht mehr gibt. In den Farbradierungen konnte ich mit diesen Tieren in ihren verschiedenen Zuständen das Farbspektrum abdecken: lebend, also Blau- und Brauntöne, gekocht und gegessen — die gelb-rote Farbskala. Durch die Akte und die Landschaftsbilder sorge ich für regelmäßige Zeichen-Studien, damit meine Arbeit nicht zu einseitig wird.

Einen besonderen Akzent legen Sie diesmal auf Aktkunst. Aber aus einer neuen, ungewohnten Perspektive — der der Modelle? Wie kamen sie auf diese Idee?

Fröhlich Eigentlich war es nicht meine Idee allein, sondern in Gesprächen mit den Modellen kam immer wieder zur Sprache, mit welchen Gedanken sie sich beschäftigen, wenn sie über Stunden in zum Teil unbequemen Posen verharren müssen und wie sich ihre Einstellung zu dieser Art von Arbeit — denn das ist es, auch wenn sie es ohne Bezahlung tun — im Lauf der Zeit verändert. Ihre unterschiedlichen aber oft auch ähnlichen Gefühle und Empfindungen geben einen interessanten Einblick auch für die unbeteiligten Betrachter der fertigen Bilder.

Wie finden Sie überhaupt Ihre Modelle? Müssen sie bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

Fröhlich Wenn ich ein Thema ausführe, für das ich einen bestimmten Typ, einen Körper brauche, sehe ich mich im Alltag um, im Bekanntenkreis, beim Einkaufen, beim Sport, also eigentlich überall, und spreche dann die Personen an, die meiner Vorstellung entsprechen und gebe ihnen meine Visitenkarte, damit sie sich im Internet über mich und meine Arbeit informieren können.

Oft sind sie dann tatsächlich an der Arbeit als Modell interessiert; ich beginne dann grundsätzlich mit einem Porträt, und wenn wir uns nach mehreren Sitzungen aneinander gewöhnt haben, wird auch das Aktzeichnen möglich. Hin und wieder werde ich auch gefragt, ob ich ein Modell brauche. Wenn mir das Gesicht gefällt und die Person sympathisch ist, kann ich mit ihr arbeiten.

Gehören auch Männer und ältere Menschen dazu?

Fröhlich Zum Aktzeichnen finde ich eher junge Frauen, ältere haben damit mehr Probleme. Männerakte habe ich wohl zuletzt im Studium gemalt.

Ein weiteres ständiges Thema sind die Bilder von charakteristischen Gebäuden und Denkmälern der "sterbenden Dörfer" durch den Tagebau. Wie fühlen Sie sich selbst im leerer werden Immerath?

Fröhlich Als ich 2004 das Atelier in Immerath bezog, war die Umsiedlung noch sehr fern — das hat sich dramatisch geändert. Der beständig fortschreitende Tagebau zwingt allen seinen Zeitplan auf, und ich habe mir vorgenommen, die Erinnerung an die Orte und Gebäude durch meine Bilder zu bewahren. So bin ich gezwungen, nach und nach dorthin zu gehen, wo die Menschen weggezogen sind oder bald wegziehen.

Manchmal ist das schon ein Wettlauf mit den Planierraupen, denn zum Zeichnen in der Landschaft muss ja auch das Wetter mitspielen. Auch wenn ich erst seit acht Jahren hier wohne, hat sich bei mir eine Art "Heimatgefühl" für diese Gegend entwickelt, und im Gespräch mit noch hier ansässigen Bewohnern spüre ich oft tiefe Traurigkeit über die bald verlorene Heimat, die ich gut nachvollziehen kann.

Angelika Hahn führte das Interview.

(RP)
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