Erkelenz Den Flüchtlingshelfern zugehört

Erkelenz · Der Flüchtlingshelfer-Verein "Willkommen in Erkelenz" hatte Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute zu Gast. Der nahm Hinweise und Kritik mit nach Düsseldorf zurück.

 Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration in Nordrhein-Westfalen trug sich im Rathaus ins Goldene Buch der Stadt Erkelenz ein.

Thorsten Klute, Staatssekretär für Integration in Nordrhein-Westfalen trug sich im Rathaus ins Goldene Buch der Stadt Erkelenz ein.

Foto: Jörg Knappe

Nach vier Stunden endete der Besuch von Thorsten Klute, dem nordrhein-westfälischen Staatssekretär für Integration, in Erkelenz. Stunden, in denen er Menschen zugehört hatte, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv sind. Ehrenamtlich wie hauptberuflich. Stunden, die er genutzt hatte, Anregungen zu erfragen und Kritik zu erfahren. Stunden, in denen er jenen gedankt hatte, die dem Bund, dem Land wie auch der Kommune helfen, den seit gut zwei Jahren andauernden Flüchtlingszustrom zu meistern. Auch im Namen von Hannelore Kraft, der Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens.

Mit einem Hintergrundgespräch bei Bürgermeister Peter Jansen hatte der Nachmittag für Klute in Erkelenz begonnen. Er erfuhr von einem Flüchtling, der bei der Kreissparkasse Heinsberg ausgebildet wird, und einem, der am Erkelenzer Krankenhaus in der Pflege tätig ist. Er sprach von "Beispielen, die Mut machen". Später, als er mit Vertretern des Vereins "Willkommen in Erkelenz - eine Lobby für Flüchtlinge" zusammensaß, die seinen Besuch initiiert hatten, hörte er aber auch, dass es viele Beispiele gibt, in denen die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nicht gelingt. Zunächst aber ließ Klute sich von Bürgermeister Jansen unterrichten, wie Erkelenz den Flüchtlingszustrom erlebt und organisiert.

"Das Chaos, das anfangs herrschte, ist weg", berichtete Jansen. Damit spielte der Bürgermeister auf die Zeit an, in der manchmal sogar überraschend neue Asylsuchende nach Erkelenz geschickt worden waren, in der diese zumindest aber mit einer nur sehr kurzen Vorbereitungszeit vor dem Rathaus angekommen waren. Er meinte damit aber auch, dass zunächst nicht geklärt war, wer die Kosten übernehmen würde. Probleme, die heute Vergangenheit sind. Das betonte Peter Jansen. Er erwähnte aus Sicht des Verwaltungsleiters jedoch auch, dass ihm "immer noch eine Struktur im Umgang mit den Flüchtlingsaufgaben fehlt. Vom Bund, über das Land bis zu den Kommunen." Hier schrieb der Staatssekretär aus Düsseldorf noch nicht mit, sondern hörte nur zu. Am Abend, nachdem er in der Oerather Mühle auf Einladung von "Willkommen in Erkelenz" einen Vortrag über Integration gehalten hatte und er mit den mehr als 50 Zuhörern in eine Diskussion eingestiegen war, nahm er seinen Stift öfter zur Hand.

"Mir ist wichtig, von Ihren Erfahrungen zu hören, um diese mit zurück ins Ministerium zu nehmen", hatte Thorsten Klute betont. Er hörte von zu langen, unter anderem einem acht Jahre laufenden Asylverfahren. Er hörte von zu wenig Lehrern, obwohl das Land Tausende Stellen geschaffen hat, vom Bedarf an übersetzten Antragsformularen in Behörden und von Ehrenamtlichen, die an ihre Grenzen kommen. Klute bezeichnete die Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit als "leise Helden". Dirk Sauerborn, der die Abendveranstaltung moderierte, gab ihm gegen Ende allerdings auch mit auf den Weg, dass "diese leisen Helden wohl das eine oder andere Mal auch leise fluchen würden über Formulare und Bürokratie".

Für eine gelingende Integration ist "das Vorort" entscheidend, hatte Klute am Nachmittag erklärt. Nach dem Hintergrundgespräch bei Bürgermeister Peter Jansen, und nachdem er sich in das Goldene Buch der Stadt Erkelenz eingetragen hatte. In kleinerer Vorstandsrunde hatte ihn gerade "Willkommen in Erkelenz" im Rathaus in Empfang genommen. Hier wie später am Abend betonte er, dass eine Kommunalverwaltung niemals die Integration allein bewältigen könne, sondern diese nur so gut gelinge, wie es die Anzahl engagierter Einwohner einer Stadt hergebe. Die sind für ihn "stille Helden". Laut seien hingegen die, "die auf der Straße Parolen gegen Flüchtlinge grölen".

"Es gibt keine Blaupause für das, was wir tun", hatte Franz Thiel, der Vorsitzende von "Willkommen in Erkelenz", gesagt. Thorsten Klute räumte ein, dass das Land NRW ebenfalls keine besitzt, es ebenfalls hat lernen müssen. "Heute setzt die Integration früher ein als vor drei Jahren, sowohl beim Arbeitsmarkt als auch bei den Sprachkursen - nicht erst, wenn ein Antragsverfahren abgeschlossen ist. Es hat gedauert, bis wir erkannt haben, wie wichtig die Arbeitsmarktintegration ist", erklärte Klute dem Vorstand von "Willkommen in Erkelenz", dessen Geschäftsräume er am Donnerstag ebenfalls besuchte. Er rate dazu, "in solchen Gremien immer auch örtliche Arbeitgeber, wie den Handwerksmeister, mit an den Tisch zu holen". Dass dies die Integration in Arbeit erst wirklich vorantreibe, "habe ich für mich erkannt". Allerdings hörte er in Erkelenz immer wieder von bürokratischen Hürden, die auf den Weg in Ausbildung oder Arbeit weiterhin bestünden. Dem entgegnete er, dass Hemmnisse in NRW inzwischen abgebaut seien und dass Betroffene und Flüchtlingshelfer die Unterstützung von zum Beispiel den Kommunalen Integrationszentren oder den Integration-Points der Jobcenter in Anspruch nehmen sollten. Diese Hinweise seien richtig, wandte abends der Erkelenzer Bürgermeister ein, jedoch stießen "die fünf oder sechs Mitarbeiter im zuständigen Jobcenter Heinsberg an ihre Grenzen, wo sie schließlich für die Flüchtlinge im ganzen Kreisgebiet zuständig sind".

Thorsten Klute schrieb sicherlich auch diesen Hinweis auf. Nach fast vier Stunden in Erkelenz und einem morgendlichen Besuch im Münsterland dürfte er ausreichend Anregungen und Kritik für die nächsten Arbeitstage in Düsseldorf gesammelt haben. Das vielleicht Wichtigste an diesem Besuch aber war, dass der Staatssekretär für Integration den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen in der Erkelenzer Flüchtlingshilfe einen persönlichen Eindruck auf den Weg gab, mit dem sie vielleicht gestärkter - vor allem gegen die Zuwanderungskritischen-Stimmen - weiterarbeiten können: "Anders als bei früheren Flüchtlingswellen haben wir es heute mit einer neuen, einer großen Bewegung des ehrenamtlichen Helfens zu tun." Mit anderen Worten: Wer Flüchtlingen hilft, ist nicht allein, sondern Teil eines großen Ganzen.

(spe)
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