Corona-Krise im Kreis Heinsberg „Die Schutzmaßnahmen zeigen Wirkung“

Erkelenz · Die Zahl der aktuell mit dem Coronavirus Infizierten im Kreis Heinsberg geht zurück. Die drei Krankenhäuser stehen weiter unter Druck, aber es gibt Hoffnung auf eine leichte Entspannung. Eine Bilanz nach vier Wochen Coronakrise.

Entlassmanagement: Die Grafik macht deutlich, dass mit der steigenden Zahl von Geheilten die Zahl der aktuell Infizierten im Kreis Heinsberg sinkt.

Entlassmanagement: Die Grafik macht deutlich, dass mit der steigenden Zahl von Geheilten die Zahl der aktuell Infizierten im Kreis Heinsberg sinkt.

Foto: RP

Die Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus zeigen im Kreis Heinsberg Wirkung: Die Zahl der aktuell Infizierten lag am Mittwochnachmittag (25. März) bei 767. Am Abend aktualisierte das Gesundheitsamt diese Zahl auf 743. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus sind 26 Menschen aus dem Kreis Heinsberg gestorben – alle hatten eine Vorerkrankung. „Wann der Höhepunkt der Pandemie bei uns erreicht ist, ist natürlich schwierig zu sagen“, sagt Chefarzt Harry Elsbernd vom Hermann-Josef-Krankenhaus Erkelenz, „aber wir sind vorsichtig optimistisch, denn die Kurve der täglichen Zunahme von Infizierten flacht ab. Das zeigt: die Schutzmaßnahmen wirken.“

Der Druck auf die drei Krankenhäuser in Erkelenz, Heinsberg und Geilenkirchen ist nach wie vor groß. Das machten Verwaltungsdirektor Jann Habbinga, Chefarzt Harry Elsbernd und Pflegedirektor Stephan Demus vom Hermann-Josef-Krankenhaus in einem Pressegespräch unter dem Titel „Ein Monat Covid-19 in Erkelenz“ deutlich. Im Erkelenzer Krankenhaus war vor gut vier Wochen, am Veilchendienstag, 25. Februar, mit einem Mann aus Gangelt der erste intensivpflichtige Covid-19-Patient in Deutschland behandelt worden. Noch am gleichen Abend hatte Landrat Stephan Pusch den Krisenstab des Kreises Heinsberg einberufen und angeordnet, dass alle Schulen und Kindertagesstätten im Kreis Heinsberg mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres geschlossen bleiben. Veranstaltungen wurden rigoros abgesagt, die Menschen gebeten, auf soziale Kontakte möglichst zu verzichten. „Ausgangssperre light“ nennt Landrat Stephan Pusch das. „Aus ärztlicher Sicht muss ich sagen, wir können uns glücklich schätzen, dass dies damals so konsequent beschlossen wurde und sich die Menschen im Kreis Heinsberg auch daran halten“, erklärte Chefarzt Harry Elsbernd. Auch wenn die Wucht der Coronavirus-Welle mächtig sei: „Es ist alles unter Kontrolle geblieben, und die Menschen sind sich ihrer Verantwortung bewusst – das hilft uns bei unserer täglichen Arbeit sehr.“ Und man dürfe nicht vergessen, dass besonders die Krankenhäuser in Heinsberg und Geilenkirchen „voll im Zentrum dieser Pandemie“ stünden. Im Erkelenzer Krankenhaus sind in den vergangenen Wochen etwa 70 Corona-Patienten behandelt worden.

Um die Ausnahmesituation meistern zu können, hat das Erkelenzer Krankenhaus die bisherige geriatrische Station G in eine Isolierstation verwandelt. Durch die Lage im Erdgeschoss und die Seiteneingänge habe sich dieser Bereich besonders gut isolieren lassen. Dort stehen 30 Betten für Patienten bereit, die einen Verdacht auf eine Corona-Infektion haben oder bereits positiv getestet wurden. Etwa 15 bis 25 Betten davon seien im Schnitt belegt, erklärte Chefarzt Elsbernd. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liege bei fünf bis sieben Tagen, dann könnten die allermeisten Patienten in die häusliche Quarantäne entlassen werden. Für Patienten mit schweren Verläufen stehen acht Beatmungsplätze zur Verfügung, die bei Bedarf aufgestockt werden könnten, was aber nicht das Ziel sei. „Sollten sich diese acht Plätze füllen, verlegen wir die Patienten in andere Kliniken“, erklärte Harry Elsbernd. Mittlerweile hat sich ein Zentrales Verlegesystem etabliert, das den Krankenhäusern die personalaufwendige Organisation dieser Verlegungen abnimmt.

Die Verantwortlichen des Erkelenzer Krankenhauses (v.l.): Verwaltungschef Jann Habbinga, Pflegedirektor Stephan Demus, Chefarzt Harry Elsbernd.

Die Verantwortlichen des Erkelenzer Krankenhauses (v.l.): Verwaltungschef Jann Habbinga, Pflegedirektor Stephan Demus, Chefarzt Harry Elsbernd.

Foto: Michael Heckers

Seit Beginn der Corona-Krise im Kreis Heinsberg wurde nur ein Mitarbeiter des Erkelenzer Krankenhaus positiv auf das Virus getestet. Die erfolgreichen Schutzmaßnahmen für das Personal stellen nach Angaben von Jann Habbinga sicher, dass das Erkelenzer Krankenhaus uneingeschränkt handlungsfähig bleibt. Das gilt übrigens auch mit Blick auf andere Notfälle: „Wir haben weiterhin gute und stabile Kapazitäten, Menschen mit akuten Erkrankungen wie Herzinfarkten, Magen- oder Darmblutungen und Blinddarmbeschwerden schnell helfen zu können. Das ist trotz Corona kein Problem“, stellt Chefarzt Elsbernd klar.

Dass sich die Situation in Deutschland derart zuspitzen könnte wie in Italien, glaubt Harry Elsbernd nicht. „Wir haben in Deutschland deutlich mehr intensivmedizinische Möglichkeiten und viel mehr Intensivbetten als die Nachbarländer.“ Außerdem sei das Krankenhauspersonal in Deutschland hervorragend geschult. „Das zahlt sich nun in der Coronakrise aus und macht es für uns ein bisschen leichter.“ Ein ausdrückliches Lob spricht Verwaltungschef Jann Habbinga seinen Leuten im Hermann-Josef-Krankenhaus Erkelenz aus: „Unsere Mitarbeiter haben schon immer einen guten Job gemacht. In der Krise bin ich jeden Tag stolz darauf, wie ruhig und diszipliniert unser Personal arbeitet.“ Es zahle sich nun aus, dass der Hermann-Josef-Stiftung ein vernünftiger Personalschlüssel immer wichtig gewesen sei und alle Mitarbeiter nach Tarif bezahlt werden. „Darauf sind wir stolz, wir müssen keine Aktionäre bedienen“, erklärte Habbinga.

Im Kreis Heinsberg gibt es die meisten Corona-Infizierten in NRW.

Im Kreis Heinsberg gibt es die meisten Corona-Infizierten in NRW.

Foto: dpa/Jonas Güttler

Der Verwaltungschef lobt außerdem ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit dem Krisenstab und den drei Krankenhäusern im Kreis Heinsberg, „obwohl alle drei unterschiedliche Träger haben“. Die Verantwortlichen treffen sich zwei- bis dreimal die Woche und versuchen, Probleme pragmatisch zu lösen. Mittlerweile habe sich auch die teils dramatisch schlechte Versorgung mit Schutzmasken und -kitteln gebessert, die zentral für den gesamten Kreis Heinsberg organisiert wird. Man könne nun Woche für Woche denken und müsse dies nicht mehr Tag für Tag tun. „Der Bedarf an Schutzmaterialien hat sich in der Coronakrise verfünzigfacht“, erklärte Chefarzt Harry Elsbernd. Der bisher übliche Jahresbedarf an Schutzmasken und -kitteln wird seit Beginn der Coronakrise in den Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen im Kreis Heinsberg zurzeit innerhalb von nur einer Woche aufgebraucht.

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