„Die Aktivisten verbreiten Angst“ Hitzige Bundestagsdebatte um Lützerath-Räumung

Berlin · Der Bundestag beschäftigte sich in einer Aktuellen Stunde mit der Lützerath-Räumung. Die SPD warnte vor Linksextremisten in der Klimabewegung, die Linkspartei warf den Grünen „Rückgrat wie Wackelpudding“ vor. Scharfe Kritik auch von der Union.

Der Deutsche Bundestag arbeitete am Freitag die Lützerath-Räumung auf.

Der Deutsche Bundestag arbeitete am Freitag die Lützerath-Räumung auf.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Die Debatte um den polizeilichen Großeinsatz in Lützerath hat den Bundestag erreicht: In einer von der AfD initiierten Aktuellen Stunde entflammte am Freitag eine hitzige Debatte über die Protestaktionen, bei denen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zufolge fast 500 Straftaten begangen wurden. Während die AfD von Angriffen auf den Rechtsstaat und Massenmanipulation durch Medien sprach, warfen gleich mehrere Abgeordnete den Grünen Doppelmoral vor. Regierung und Opposition stärkten unterdessen beinahe unisono der Polizei den Rücken. Zum Hintergrund: Lützerath bei Erkelenz war zuletzt in einem tagelangen Großeinsatz der Polizei gegen den Widerstand Hunderter Klimaaktivisten geräumt worden.

Sebastian Fiedler (SPD) warnte, dass man mit Blick auf die Klimabewegung auch auf Linksextremismus schauen müsse. Die Proteste würden von Demokratiefeinden unterwandert, die die guten Absichten der Demonstranten diskreditierten. „Das ist ein Thema, was wir nicht wegschweigen können, sondern das wir offen adressieren und diskutieren müssen“, so der Sozialdemokrat. Es habe brennende Barrikaden gegeben, Molotow-Cocktails und Steine seien auf Polizisten und Mitarbeiter von RWE geworfen worden. Insgesamt kam es – im Vorfeld, während der Räumung und im Zuge der Versammlungslage – zu knapp mehr als 100 verletzten Polizisten. Unklar ist, wie viele Aktivisten verletzt wurden. „Mein Mitgefühl gilt allerdings doch mehr den Polizistinnen und Polizisten, weil ich zu denjenigen gehöre, die sich erinnern können, in Uniform Geschosse und Steine um die Ohren zu kriegen“, sagte Fiedler, der selbst Kriminalhauptkommissar ist.

Aktivisten hätten gezielt Polizisten angegriffen und sich gegen den Rechtsstaat gestellt, sagte Wilfried Oellers (CDU). „Die Polizei musste mit der Zeit deutlicher reagieren, um Recht und Ordnung durchzusetzen“, sagte er. Der Christdemokrat erklärte, die Interventionistische Linke würde den Bewohnern rund um Lützerath mit Bedrohungen und Beleidigungen entgegentreten. „Was den Aktivisten ziemlich egal ist, ist, wie sich die in der Region wohnenden Menschen fühlen. Die Aktivisten verbreiten dort, auch jetzt noch, Angst“, sagte Oellers.

Lukas Benner (Grüne) forderte, die erneuerbaren Energien zügig auszubauen, damit die Kohle unter Lützerath nicht gebraucht werde. „Jedes Windrad, jede Wasserstoffanlage leistet einen Beitrag dazu, dass es sich nicht mehr lohnt“, sagte Benner. Zwar habe das Gros der Demonstranten friedlich protestiert. Doch Gewalt sei der falsche Weg. „Man kann Gerichtsurteile kritisieren. Man kann sie für falsch halten und der Rechtsstaat hält es aus, wenn man sich der Polizei in den Weg setzt und friedlich weggetragen wird. Doch wer Gewalt anwendet, der verlässt den politischen Diskurs“, sagte Benner.

Die Grünen wurden vor allem von Linke-Chefin Janine Wissler scharf attackiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) seien es gewesen, die den Kohlekompromiss mit RWE ausgehandelt hätten. Vor der NRW-Landtagswahl habe sich die Öko-Partei für den Erhalt von Lützerath eingesetzt, nun sei man Konzerninteressen gefolgt. „Wir retten das Klima nicht durch schöne Worte, sondern durch entschlossene Taten“, sagte Wissler. „Ob es um die Energiewende, den Flughafen-Ausbau oder die Automobilindustrie geht – wenn es wirklich ernst wird, zeigen die Grünen ein Rückgrat wie Wackelpudding“.

Die AfD nutzte die Debatte, um zum Rundumschlag gegen vermeintlich manipulative Leitmedien, „Klimaterroristen“ und Greta Thunberg auszuholen. Kompromisse mit Klimaschützern seien wertlos, weil sie bei der nächsten Gelegenheit wieder aufgekündigt würden, sagte Karsten Hilse (AfD). Gewaltbereiten Aktivisten von Lützerath sei mindestens versuchter Totschlag, eher aber noch versuchter Mord zu Last zu legen, „weil niedrige Beweggründe zu unterstellen sind“.

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