Aufarbeitung im Landtag Einsatz in Lützerath – Ermittlungen gegen fünf Polizisten

Düsseldorf/Lützerath · Der NRW-Landtag hat mit der Aufarbeitung des polizeilichen Großeinsatzes in Lützeraths begonnen. Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) übte Kritik an der Gewaltbereitschaft der „Aktivisten“. Auch gegen Polizisten wird ermittelt.

Lützerath Räumung: Die letzten Tage des Dorfes im Braunkohlerevier - eine Chronologie
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Die letzten Tage von Lützerath – eine Chronologie

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Foto: dpa/Henning Kaiser

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat Ermittlungen gegen einige wenige Polizisten während des gesamten Einsatzes in Lützerath bestätigt. Bislang seien in derzeit fünf Fällen Ermittlungen gegen eingesetzte Kräfte eingeleitet worden. „Das betrifft natürlich nicht nur NRW-Beamte, sondern auch Unterstützungskräfte aus anderen Bundesländern. Dabei geht es um Körperverletzungen im Amt. Es steht aber auch sexuelle Belästigung im Raum“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul in der Sitzung des NRW-Innenausschusses am Donnerstag.

Lützerath: Dorf vor und nach der Räumung - Bilder
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Lützerath vor und nach der Räumung

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Foto: AFP/INA FASSBENDER

Lützerath, das zu Erkelenz gehört, war in einem tagelangen Großeinsatz der Polizei gegen den Widerstand Hunderter Klimaaktivisten geräumt worden. Der Energiekonzern RWE will dort Braunkohle abbauen. Am Samstag war es am Rande einer Demonstration vor Lützerath zu heftigen Ausschreitungen gekommen. Von dem Weiler ist mittlerweile so gut wie nichts mehr übrig.

Mit Holzlatten sei auf Polizisten eingeschlagen worden am Rande der Demonstration am Samstag. „Mir wurde sogar berichtet, dass die Störer gezielt nach den Schusswaffen gegriffen haben – teilweise ist es gelungen, eine der Sicherungen am Holster schon zu lösen“, sagte Reul. Zudem sei bewusst versucht worden, die Pferde der Reiterstaffel scheu zu machen. „Ein Pferd ist dann auch tatsächlich durchgegangen und ist dann auf die Abbruchkante zu galoppiert. Mit der Reiterin auf dem Sattel. Diese Polizeibeamtin hat dann noch versucht, das Tier zu beruhigen und in einen ungefährlichen Bereich zu führen. Letztendlich hatte sie keine andere Wahl als abzuspringen“, sagte Reul. Dabei sei auch noch laut gegrölt worden.

Lützerath: Polizei trägt Greta Thunberg von Abbruchkante weg
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Polizei trägt Greta Thunberg während Protest von Abbruchkante in Garzweiler

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Zum Verletzungsstand auf Seiten der Polizei sagte Reul: Insgesamt kam es – im Vorfeld, während der Räumung und im Zuge der Versammlungslage – zu knapp mehr als 100 verletzten Polizisten. Davon seien 80 Prozent beim Einsatz rund um die Versammlung am vergangenen Samstag verletzt worden. Zum Teil hätten die Beamtinnen und Beamten neun Stunden lang in der Polizeikette gestanden – ohne zu essen, zu trinken oder auf die Toilette gehen zu können.

Aktionen wegen Räumung Lützeraths: Klimaaktivisten in Rollstuhl seilen sich von A44-Brücke ab​
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Protest gegen Lützerath-Räumung — Klimaaktivisten in Rollstuhl seilen sich von A44-Brücke ab

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Foto: dpa/Roberto Pfeil

Bei der Räumung waren bis zu 3700 Polizisten gleichzeitig im Einsatz, wie aus einem Bericht des NRW-Innenministeriums an den Ausschuss hervorgeht. Die nordrhein-westfälische Polizei war von Kräften aus fast allen Bundesländern und des Bundes unterstützt worden. Darunter waren unter anderem Hundertschaften und technische Einsatzeinheiten wie zum Beispiel Spezialisten für den Einsatz in der Höhe und für den Einsatz von schwerem Gerät. „Aber das war auch nötig, weil der Einsatz so vielfältig war: Es gab besetzte Häuser, Holzhütten, Baumhäuser, Monopods, Tripods, Seilverstrebungen, Lock–Ons – also festgeklebte oder gekettete Menschen“, sagte Reul. Bei der Räumung hätten alle Räder, „die da ineinandergreifen mussten“, gegriffen, so der Landesinnenminister weiter. Das Einsatzkonzept sei hochprofessionell umgesetzt worden. „Insbesondere trotz der Angriffe seitens der Besetzer. Gerade am ersten Tag gab es sofort Angriffe auf Einsatzkräfte“, bekräftige Reul. So sei schon am ersten Tag der Räumung ein Störer wegen eines Molotowcocktail-Wurfs festgenommen worden – er sitzt aktuell noch in Untersuchungshaft.

Reul ärgert sich darüber, dass Aktivisten sich nicht deutlich von den Gewalttätern distanzieren. „Es wird immer so getan, als seien solche Angriffe völlig normal, als müsste man das akzeptieren. Und das ist nicht richtig“, so Reul, und er fügte hinzu: „Wenn ich dann sehe, mit welcher Selbstverständlichkeit zu Gewalt gegen Polizei aufgerufen wird, wird mir anders. Insgesamt, so Reul, sei die Räumung schneller verlaufen als erwartet – „viel schneller als wir dachten.“

Bagger reißen die letzten Häuser des Dorfes Lützerath ab.

Bagger reißen die letzten Häuser des Dorfes Lützerath ab.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Ihm ist nach eignen Angaben aber bewusst, dass die Diskussionen um den Einsatz fortgeführt wird. „Aber Frau Thunberg und Frau Neubauer müssen sich nun einmal an Recht und Gesetz halten. Wie jeder andere auch“, sagte Reul mit Blick auf die beiden bekannten Klimaaktivistinnen, die beim Einsatz rund um Lützerath von der Polizei abgeführt worden waren.

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