Ausstellung im Gropius-Bau Erkelenzer Schätze in Berliner Ausstellung

ERKELENZ/BERLIN · Im Martin-Gropius-Bau in Berlin wird derzeit unter anderem ein 7500 Jahre alter Kasten-Holz-Brunnen aus Kückhoven ausgestellt.

Berlin: archäologische Sensationen aus Erkelenz im Gropius-Bau in Berlin
Foto: St. Taubmann/RLMB

Der 1800 Jahre alte Borschemicher Sonnengott ist in Berlin derzeit in einer Ausstellung mit der berühmten Himmelsscheibe von Nebra, der 4000 Jahre alten archäologischen Sensation aus dem Jahr 1999 zu sehen. Und ein zweites im Martin-Gropius-Bau gezeigtes Exponat aus Erkelenz übertrifft deren Alter sogar noch: der 7500 Jahre alten Kasten-Holz-Brunnen aus Kückhoven (Foto), ein archäologischer Fund aus dem Jahr 1990. „Bewegte Zeiten“, so ist die Ausstellung überschrieben. Das gibt einen Hinweis auf die Themen, die von Mobilität und Interaktion, aber auch Migration handeln. Sie kann noch bis zum 6. Januar besucht werden.

Unter den rund 1000 in Berlin gezeigten Exponaten haben es die Borschemicher Götter-Appliken aus Schildpatt als Verzierung eines Kästchens einer römischen Priesterin im 2. Jahrhundert unserer Zeit mit Fotos in den Ausstellungskatalog geschafft. Sie gehören auch zur Pressemappe und sind in den Medien veröffentlicht worden, zum Beispiel in der Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit“.

60 Leihgeber aus allen 16 Bundesländern bestücken die Ausstellung, wie sie in dieser Breite noch nie ausgerichtet worden ist. Die letzte umfassende Ausstellung, auch im Gropius-Bau, war vor 15 Jahren, die letzte davor 1975 in der damaligen deutschen Hauptstadt Bonn. Hochkarätig muten die Veranstalter an: Es handelt sich um die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und um den Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland, die Schirmherrschaft hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier inne.

Schon den zentralen Lichthof des Gropius-Baus nimmt ein Teil des römischen Hafens aus Köln ein, also auch ein Exponat aus dem Rheinland. Die Ausstellung ist nicht chronologisch, sondern thematisch gegliedert in die vier Teile „Mobilität“, „Konflikt“, „Austausch“ und „Innovation“. Die ältesten Stücke haben bereits 300.000 Jahre auf dem Buckel. Vom Kückhovener Brunnen, der ansonsten im Rheinischen Landesmuseum in Bonn steht, sind Spaltbohlen (dicke, nur in Längsrichtung geschnittene Bretter), ein Schöpfbeutel und weitere Holzstücke im Gropius-Bau ausgestellt. Und zu den Borschemicher Funden heißt es im Katalog: „Komplexer ist die Symbolwelt eines römischen Grabes von Erkelenz-Borschemich aus dem frühen 2. Jahrhundert nach Christi. Das Brandgrab liegt in einer exponierten Gräbergruppe und weist in sich eine elaborierte (fein herausgearbeitete) Struktur auf. Jeweils ein Gräberpaar ist durch eine rechteckige Pfostensetzung eingehegt. Zu rekonstruieren ist hier eine ,cella memoriae’ (Grabbau) zweier Paare der lokalen romanisierten Aristokratie. Von besonderem Interesse ist das Frauengrab. Der aufwendige Grabbau und die hohe Qualität der mitverbrannten Primärbeigaben fallen ins Auge. Bereits die geborgenen Reste einer Chalzedonschale (Quarzart) deuten auf Libationsriten (Trankopfer) nach römischem Vorbild. Bronzenes Waschgeschirr und Balsamarien zeugen von Reichtum, die Schildpattbeschläge eines Holzkästchens von einer völlig fremden Welt. Ein einzigartiger Götterreigen römisch-ägyptischen Ursprungs tritt dem Betrachter entgegen. Zu Mars, Apollo und Minerva gesellen sich Sol, Hermanubis und Serapis. Von dem so geschmückten Kästchen geschützt war eine kleine Griffschale aus Bernstein. Als Spendenschale kann sie im Kult gedient haben und legt die Interpretation ihrer Besitzerin als Priesterin nahe. Neben Luxusgütern, Speisesitten, Grabbräuchen und Einzelaspekten des Symbolgutes und der Götterwelt hielten so auch komplette Religionskonzepte Einzug in römischen Lagerorten, Siedlungen und den Städten der Grenzprovinzen.“

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