Sportplätze im Erkelenzer Land Kleines Granulat – große Aufregung

Erkelenzer Land · Wegen des verwendeten Granulats droht Kunst­rasenplätzen EU-weit das Aus: ein derzeit in Deuschland heiß diskutiertes Thema – auch in der großen Politik. Bei den Betreibern der acht Kunstrasenplätze des Erkelenzer Lands herrscht aber noch Gelassenheit.

 So arbeitet eine Fachfirma auf einem Kunstrasen Granulat (im Vordergrund gut zu erkennen) ein.

So arbeitet eine Fachfirma auf einem Kunstrasen Granulat (im Vordergrund gut zu erkennen) ein.

Foto: Teifel, Udo (tei)

Gut 5000 Kunstrasenplätze gibt es in Deutschland – acht davon im Erkelenzer Land. Auch an diesen Standorten verfolgt man natürlich die aktuelle Diskussion um ein mögliches Verbot von Mikroplastik, da dieses Umwelt und Trinkwasser erheblich belaste. Die Europäische Chemikalien-Agentur hat bei der EU daher den Vorschlag unterbreitet, Mikroplastik ab 2022 zu verbieten – und aus diesem Stoff ist nun einmal das Kunststoffgranulat. Dieser Füllstoff „dämpft“ den Kunstrasen, verlängert die Lebenserwartung der künstlichen Halme und verringert die Verletzungsgefahr auf einem derartigen Belag erheblich.

Den ersten Kunstrasen im Erkelenzer Land (und auch im Kreis Heinsberg) errichtete im Sommer 2009 der FC Wegberg-Beeck. „Wir sind aber ganz gelassen, warten erst mal ab. Noch ist ja nichts beschlossen“, sagt Beecks Geschäftsführer Thomas Klingen – und verweist auf eine ähnlich gelagerte Diskussion vor drei Jahren in den Niederlanden. „Da kam damals groß das Thema auf, dass Kunstrasenplätze krebserregend seien. Die Aufregung hat sich dann aber auch wieder schnell gelegt.“

Der Kunstrasen-Oberfläche sagt man generell eine Lebenserwartung von ungefähr 15 Jahren zu – bei extremer Nutzung kann sie aber auch geringer sein. „Spätestens 2024 benötigt unser Platz also ohnehin einen neuen Belag. Und da ja für das Verbot bereits eine Übergangszeit von sechs Jahren bis 2028 im Raum steht, müssen wir uns aktuell keine Sorgen machen“, bekräftigt Klingen.

Wie Beeck haben auch die Sportfreunde Uevekoven ihren Kunstrasen in Eigenregie errichtet – bis auf jeweils 100.000 Euro aus dem Konjunkturpaket II haben diese beiden Klubs den Platz auch selbst finanziert. Bei den Sportfreunden ist man ebenfalls gelassen. „Noch ist ja überhaupt nichts entschieden, ist zudem ja eben schon von der Übergangszeit bis 2028 die Rede. Bis dahin müssten wir die Oberschicht ohnehin erneuern. Akuten Handlungsbedarf sehen wir daher überhaupt nicht“, sagt Uevekovens 2. Vorsitzender Christian Tilg. Der bringt für die aktuelle Diskussion Verständnis auf: „Dass Mikroplastik nicht gerade umweltfreundlich ist, ist ja eigentlich klar.“

Etwas anders beurteilt das Ralf Braun, der Projektleiter des 2014 errichteten Kunstrasens beim SV Schwanenberg: „Dass Mikroplastik mit Sicherheit nicht der beste Freund der Umwelt ist, ist klar. Doch wir haben zusammen mit der Stadt Erkelenz bei der Fertigstellung bewusst darauf geachtet, kein verunreinigtes, stinkendes und abfärbendes Granulat aus dem Ausland zu verwenden, sondern zertifiziertes und gereinigtes Granulat aus Altreifen aus Deutschland.“ Mit dem Resultat sei man auch sehr zufrieden: „Das Granulat erfüllt seinen Zweck der Dämpfung außerordentlich gut. Die Nachfüllmenge ist seit 2014 verschwindend gering und betrifft meist nur den Elfmeterpunkt sowie die vier Ecken wegen der dort stärkeren Beanspruchung.“

Erst im vergangenen Jahr ist der zweite Kunstrasen in Erkelenz errichtet worden – unter Regie der Stadt im Schulzentrum. „Nach meinem Kenntnisstand, der sich auf Veröffentlichungen unseres Dachverbandes – dem Städte- und Gemeindebund NRW – bezieht, soll SBR-Granulat verboten werden. SBR-Granulat, letztlich zerschnittene Autoreifen, wurde im Schulzentrum nicht verwendet. Wir haben EPDM-Material verwendet. Ob dieses Material auch verboten wird, ist – so unser Dachverband – unklar, da sich die Gefährlichkeitseinstufung der Europäischen Chemikalienagentur als Expertengremium nur auf SBR-Granulat bezog“, teilt dazu Erkelenz’ Erster Beigeordneter Hans-Heiner Gotzen mit.

Eigentlich bereits im kommenden Jahr soll der Kunstrasenplatz der umzusiedelnden Vereine SV Kuckum und TuS Keyenberg am neuen Standort errichtet werden. „Für diesen Platz werden wir uns – unabhängig, ob auch EPDM erfasst wird – mit Alternativmaterial beschäftigen. Hierzu haben wir uns bereits Plätze angeschaut, die mit Kork gefüllt sind. Die letztendliche Entscheidung werden wir mit dem Baubeschluss für den neuen Platz treffen. Dieser wird voraussichtlich im September gefasst“, erläutert Gotzen.

Kork ist eine zurzeit in der Tat vieldiskutierte Alternative, hat aber den Nachteil, teurer zu sein und bei viel Regen stark ausgeschwemmt zu werden, so dass fast schon quartalsweise erheblich nachgefüllt werden muss. Und Sand als Alternative scheidet im Grunde komplett aus – bei diesem Material ist die Verletzungsgefahr erheblich.

In Hückelhoven gibt es insgesamt fünf Kunstrasenplätze mit Granulat – neben den drei großen Spielfeldern in Baal, Brachelen und Ratheim noch den Bolzplatz in Hil­farth und das DFB-Mini-Spielfeld im Schulzentrum Ratheim. „Wir stehen in ständigem Austausch mit dem Ingenieurbüro, das in unserem Auftrag die Kunstrasenplätze gebaut hat. Die Stadt Hückelhoven hält es jedoch für wahrscheinlich, dass es Übergangsfristen durch die EU geben wird, weil Quarzsand und Kork für alle deutschlandweit betroffenen Kunstrasenplätze in der Menge gar nicht verfügbar sind“, sagt Wilfried Welfers, Leiter des Hückelhovener Amts für Tief- und Straßenbau.

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