Erkelenz Als die Grenze richtig heiß war

Erkelenz · Während der Ferienwochen berichten unsere Reporter täglich von uralten Legenden und geheimnisvollen Orten in Nordrhein-Westfalen. Heute: die Schmugglerroute, eine Fahrradtour von Erkelenz bis ins "Schmugglerdorf" Effeld.

erkelenzer land Ein deutsches Dorf unmittelbar an der niederländischen Grenze – da lag über Jahrzehnte ein Verdacht nahe: Da werden Kaffee und Zigaretten geschmuggelt, was das Zeug hält. Und genauso war's auch in Effeld. "De Bahn is kloar", lautete die Parole, wenn kein Zöllner zu sehen war – also: Der Weg ist frei.

Bert Ramakers, der frühere Effelder Ortsvorsteher, erinnert sich: "An der Verlängerung der Bruchstraße, die am Waldsee vorbei nach Vlodrop führt, steht heute noch direkt hinter der Grenze ein Haus, das damals alle nur ,Mennkes Harry' nannten. Das war die Anlaufstation. Von dort wurde Ausschau gehalten, bis die Luft rein war. Dann wurde mit der Schmuggelware die Grenze passiert."

Einer, der bereits als zehnjähriger Knirps Mitte der 50er Jahre fleißig geschmuggelt hat, ist Reinhard Henn, Autor des Buches "Westwind", in dem er vor allem Erlebnisse seiner Jugend verarbeitet – in Ratheim ist er aufgewachsen. Mit dem Vater sei er auf der Lambretta im Winter nach Holland gefahren, dick eingepackt mit Mantel, Mütze und Handschuhen. "Darunter habe ich dann nicht nur Kaffee und Zigaretten, sondern auch Tee und Butter versteckt. Während mein Vater auf dem Rückweg an der Grenze im Zollhaus verschwand, musste ich ganz ruhig auf der Lambretta hinten sitzenbleiben", erzählt er.

Als er älter war, habe er mit seinen Freunden eigene Schmuggeltouren unternommen – auf dem Fahrrad. "Dazu haben wir den Sattel abgenommen und das Schmuggelgut in die hohle Sattelstange gesteckt. An der Grenze haben wir dann immer kräftig in die Pedale getreten", sagt der heute 62-Jährige.

Geschichten aus vergangenen Zeiten. Schon lange ist die Grenze offen, und die damalige "heiße Route" ist heute ein offizieller Wanderweg. Der Ruf "De Bahn is kloar" aber hat überlebt und wird in Effeld noch heute oft angestimmt – in den Karnevalssitzungen. Denn der örtliche Karnevalsverein, der sinnigerweise "Kaffeemänn" heißt, hat diesen zu seinem offiziellen Schlachtruf auserkoren. Hartnäckige Gerüchte besagen zudem, dass die Gründungsversammlung dieses Vereins vornehmlich aus einer Quelle finanziert worden sein soll: geschmuggeltem Kaffee.

(RP)
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