Klimacamp in Erkelenz 600 Demonstranten protestieren gegen Braunkohle

Erkelenz · Mit einer Demo und einem Straßenfest begann am Samstag die aktive Phase des Klimacamps. Straftaten der Braunkohlegegner sollen konsequent geahndet werden. Die Demo mit rund 600 Teilnehmern, darunter viele Familien mit Kindern, verlief laut Polizei jedoch friedlich.

Braunkohlegegner hatten 2015 friedlich für den Ausstieg aus der Kohleverstromung protestiert Kehrseite: Vermummte Aktivisten drangen gewaltsam in den Tagebau Garzweiler ein.

Braunkohlegegner hatten 2015 friedlich für den Ausstieg aus der Kohleverstromung protestiert Kehrseite: Vermummte Aktivisten drangen gewaltsam in den Tagebau Garzweiler ein.

Foto: HELDENS/DPA (ARCHIV)

Die Demonstration sollte Auftakt sein für eine Reihe weiterer Aktionen im Rahmen des Klimacamps in Erkelenz-Lützerath. "Hier ist alles absolut friedlich", sagte ein Sprecher der Polizei am Samstagnachmittag. Mit rund 1000 Klimacampern, die in Lützerath gegen den Braunkohleabbau protestieren und Aktivisten, die für den 25. und 27. August "Aktionen des zivilen Ungehorsams" angekündigt haben, erlebt der vor der Umsiedlung stehende Flecken zwei bewegte Wochenenden.

Nach Erfahrungen aus dem Vorjahr - da stürmten hunderte Demonstranten den Tagebau und enterten einen Bagger - richtet sich die Polizei auf einen Großeinsatz ein und appelliert an die Teilnehmer, sich von Straftaten und Gewalt zu distanzieren und das Tagebaugelände mit seinen unkalkulierbaren Gefahren nicht zu betreten.

"Für die sofortige Einleitung des Kohleausstiegs" rief ein Bündnis mehrerer Gruppen zu einer Demo zur Frage "Kohle oder Zukunft?" am Samstagnachmittag ab Borschemich (L 227) auf. Der Protest richtete sich gegen die Zerstörung von Dörfern durch den Tagebau und prangert die Auswirkungen der Braunkohleverstromung auf das globale Klima an. Allen sei bewusst, dass der Ausstieg aus der Kohle kommen werde, die Frage sei nur wann und wie, sagte Tristan Jacobs vom Bündnis gegen Braunkohle und fasst die Inhalte der Demo zusammen: "Wie gehen wir mit Bergschäden, verlorenen Agrarflächen, gerodeten Wäldern und zerschlagenen Sozialstrukturen um? Wie können wir Verantwortung für die vielen Millionen Klimaflüchtlinge übernehmen? Und wie schaffen wir Alternativen zu den an die Braunkohle gebundenen Arbeitsplätzen in der Region?"

Gespräche mit Anwohnern, Gewerkschaftlern und internationalen Aktivisten standen ebenfalls am Samstag an. Beim Straßenfest in Keyenberg klang das Programm beschaulich - Kultur, Kinderschminken, Pfannkuchen, Gedichte aus dem Hambacher Forst. Im frei zugänglichen Klimacamp gibt es Workshops, ein Kinderzelt und bis Dienstag die Degrowth-Sommerschule, bei der 400 Teilnehmende alternative Gesellschaftsformen diskutieren. Neben der Theorie wird es ganz praktisch: Wie baue ich eine Solardusche? Wie funktioniert Entscheidungsfindung im Konsens? Wie gründet man eine Energiegenossenschaft? Es schließt sich das Aktionslabor an, bei dem es zu "kreativen Aktionen" gegen den Braunkohleabbau kommen soll. Laut Homepage dient es dazu, "bewährte Aktionsformen weiter zu denken" und an neue Umgebungen anzupassen: "Wir wollen mit vielfältigen Aktionen die Kohleinfrastruktur im Rheinischen Braunkohlerevier stören."

Die Polizei setzt auf Deeskalation und Dialog, will Straftaten aber konsequent ahnden. 2015 hatte es 670 Strafanzeigen und 74 Strafbefehle gegeben. Nun ist die Polizei mit über 1000 Beamten aus dem ganzen Land und Bundespolizei rund um die Uhr im Einsatz. "Die Polizei schützt den friedlichen Protest im Sinn des Demonstrationsrechts, aber auch RWE-Mitarbeiter und das Unternehmen selbst vor Beschädigung und Zerstörung von Sachen oder gar körperlichen Angriffen auf die Gesundheit und das Leben", unterstrich Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach. Man werde "diejenigen, die nicht friedlich sind und den legitimen Protest der anderen damit verunglimpfen, einer konsequenten Strafverfolgung und Ermittlung unterziehen". Eindringlich gewarnt wurde vor Einsturzgefahr an den Abbruchkanten und Lebensgefahr im Tagebauloch.

(mit Agenturmaterial)

(gala)
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