Erkelenz 6/8-Takt zum Abschied

Erkelenz · Das 25. Serenadenkonzert wird in die Kulturgeschichte von Erkelenz eingehen: Es war das letzte Konzert in der Stadthalle. Collegium musicum und Cornelius-Burgh-Chor zauberten atmosphärische Dichte in das alte Haus.

Wenn nicht einer der Handwerker bei den Abrissarbeiten ein fröhliches Liedchen anstimmt, summt oder pfeift, dann waren dies die letzten musikalischen Töne, die in der alten Stadthalle erklungen sind: Offenbachs „Barcarole“ aus „Hoffmanns Erzählungen“ – gesungen vom Cornelius-Burgh-Chor mit einer Extra-Portion Abschiedsgefühl. Und das gleich zweimal, denn mit der Forderung nach einer zweiten Zugabe hatte Dirigent Norbert Brendt nicht gerechnet.

Es war das 25. Serenadenkonzert, das nun in die Kulturgeschichte von Erkelenz als das letzte Konzert in der alten Stadthalle eingehen wird. Stattfinden sollte es eigentlich ganz öffentlich auf dem Markt. Die Bühne war schon aufgebaut, doch der laue Sommerabend blieb aus. So kam die Stadthalle noch einmal vor ihrem Umbau zum Einsatz – und mit ihr Türen, die nicht mehr richtig zu schließen waren, und Lampen, die nicht mehr alle leuchteten. Dennoch wurde sie rappelvoll, und Brendt forderte die Zuhörer auf, sich ruhig in der Pause noch einmal in dem alten Haus umzusehen.

Bis dahin aber hatte das Collegium musicum der VHS seinen Auftritt, ebenfalls unter der Leitung von Brendt. Das sinfonische Orchester interpretierte Sätze eher weniger bekannter Komponisten wie Jiri A. Benda und Francois Joseph Gossec sowie großer Meister: die melancholisch anmutende Ouvertüre zur Oper „Iphigenie in Aulis“ von Gluck und der letzte Satz aus Mozarts Sinfonie G-Dur KV 110.

Mit dem Sprung von der Klassik in die Spätromantik kam atmosphärische Dichte in den Klang des Ensembles. Der junge Schlagzeuger Philipp Brendt spielte die Pauken in Brahms Ungarischem Tanz Nr.1 inbrünstig wie vom Donner gerührt, und auch die Bläser hatten einiges zu tun. Bei den beiden letzten Stücken des Collegium musicums wurden sie klanggewaltig vom Blechbläser-Ensemble „Smart Brass Band“ um Joseph Paczyna unterstützt. „Wenn die Stadthalle morgen abgerissen wird, liegt das nicht an uns“, meinte Brendt, bevor er den fünften der Accelerationen-Walzer von Johann Strauß Sohn und die zeitgenössische Filmmusik aus „Fluch der Karibik“ dirigierte.

In der Welt der Oper

Zum ersten Mal ganz der Opern-Musik verschrieben hatte sich der Cornelius-Burgh-Chor. Mit Mozarts „Idomeneo“, Smetanas „Die verkaufte Braut“, Verdis „Aida“ und „Nabucco“ waren berühmte Werke dabei. Herausragend waren der einfühlsam intonierte Hochzeitschor aus Wagners „Lohengrin“ und die Habanera aus Bizets „Carmen“, die der Chor in Französisch sang und bei der besonders die Solo-Stimmen überzeugten. Lang anhaltenden Beifall gab es für die Interpreten des Abends – und für die Zuhörer die letzten Töne in der alten Stadthalle im wiegenden 6/8-Takt von der Barcarole.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort