Hobby Eine Leidenschaft für Drehorgeln

Musikstücke vom Chanson „La java bleue“ bis hin zu „Yellow submarine“ der Beatles sind zu hören, wenn Burkhard und Michaela Hochstraß an der Kurbel drehen.

Foto: hartjes

Drehorgeln begleiteten früher oft die Bänkelsänger, wenn sie ihre Moritaten vorsangen. Das Erzähllied des Bänkelsängers stellte eine Art der Nachrichtenübermittlung dar. Mit dem Vortrag verdienten sie ihr Geld.

In heutiger Zeit geht es den Besitzern alter Drehorgeln nicht mehr um den Broterwerb. Es sind vielmehr Liebhaber und Sammler, denen es einfach Freude bereitet, ihr Instrument der Öffentlichkeit vorzuführen oder für einen guten Zweck einzusetzen.

Einer von ihnen ist Burkhard Hochstraß. Der 55-jährige Elektrotechniker kaufte Ende 2017 seine erste Drehorgel. Er steckte seine 52-jährige Ehefrau Michaela mit seinem Hobby an und erwarb Ende des letzten Jahres einen zweiten Leierkasten. Gemeinsam spielen sie auf verschiedenen Events. „Schon früh faszinierte mich die Drehorgelmusik. Oft besuchte ich Festivals“, erzählt der Mehrer. Der Wunsch nach einer eigenen Drehorgel wuchs und so suchte er im Internet nach einem bezahlbaren Exemplar. Er fand eine, die von seinem Vorbesitzer aus einem Bausatz der Firma Hofbauer, die1923 vom Orgelbaumeister Carl Hofbauer in Mindelheim im Allgäu gegründet wurde und heute ihren Sitz in Göttingen hat, zusammengesetzt wurde. Da Burkhard Hochstraß Handwerker ist, baute er selber eine elektronische Steuerung ein. Die Musikstücke werden dabei in der Regel als MIDI-Dateien auf Speicherkarten abgelegt.

Eine Drehorgel, oder auch Leierkasten, ist ein mechanisches Musikinstrument. Der Spieler einer Drehorgel betätigt eine Kurbel, die ein Steuersystem im Innern des Instrumentes in Bewegung setzt. „Das gleichmäßige Kurbeln muss man ein bisschen üben“, sagt Hochstraß. Über der Windlade, die eine Vielzahl von Ventilen enthält, steht das Pfeifenwerk. Die Pfeifen sind denen einer Kirchenorgel ähnlich. Jedem Ventil ist ein Ton zugeordnet. Diese Ventile werden durch die Spieleinrichtung angesteuert. Die älteste Form des Programmträgers ist die Stiftwalze, die seit dem Altertum bekannt ist. Anfang des 20. Jahrhunderts lösten das Lochband und die Lochkarte die Stiftwalze ab.

Sein erstes Instrument ist eine 20er-Drehorgel, sein zweites eine 26er, das heißt, sie kann 26 verschiedene Töne spielen. Dieser wunderschöne Leierkasten mit Holzintarsien-Arbeiten, ebenfalls eine Hofbauer-Orgel, wurde in den 70er Jahren als Walzenorgel erbaut. Zu Beginn des Jahrhunderts wurde sie umgebaut für Lochbänder, damit erweiterte man das musikalische Repertoire der Drehorgel. Hochstraß verfügt über verschiedene Musikstücke, vom Chanson „La java bleue“ bis hin zu „Yellow submarine“ der Beatles. Neue Lieder sind teuer, da zahlt man dann schon mal bis zu 80 Euro für drei Arrangements. „Manchmal hat man Glück und findet etwas im Internet“, so Hochstraß, der gerne gemeinsam mit seiner Frau Michaela auf Stadtfesten und Drehorgelfestivals – etwa in Geldern, Kleve, Wesel oder Dortmund – auftritt. Auch auf besonderen Jubiläen oder Geburtstagen hat er schon gespielt. „Wir haben viel Freude daran und freuen uns besonders, wenn die Leute auch Spaß daran haben“, sagt Hochstraß. Der nächste Auftritt wäre der Frühlings-Hobby-Markt in der Schützenhalle gewesen, der aber wegen des Corona-Virus abgesagt wurde. Der Hobby-Leierkastenmann findet es schade, dass Drehorgeln immer weniger gefragt sind. „Dabei wecken sie gerade bei älteren Leuten viele schöne Erinnerungen.“. Vor zwei Jahren fand in Kleve das letzte Drehorgelfestival in der Umgebung statt, damals mit rund 30 Teilnehmern, viele aus den Niederlanden. „Ich würde mir wünschen, dass man uns wieder mehr zu Stadtfesten und Events einlädt, damit das Drehorgelspielen nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Burkhard Hochstraß.

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