Millionenraub im Emmericher Zoll Täter wollten Polizei mit fremden Haar-Spuren in die Irre führen

Emmerich · Immer mehr Details zum Millionen-Coup im Emmericher Zollamt kommen ans Licht. Die Täter waren Profis, das zeigte auch die Razzia der polnischen Polizei. Offenbar hinterließen sie absichtlich fremde Haare und Zigarettenstummel.

 Mit diesem Fahndungsbild suchte die Polizei nach den Tätern: Einer der beteiligten Männer, in Schwarz gekleidet, auf dem Weg zum Fluchtauto.

Mit diesem Fahndungsbild suchte die Polizei nach den Tätern: Einer der beteiligten Männer, in Schwarz gekleidet, auf dem Weg zum Fluchtauto.

Foto: dpa/---

Je mehr Einzelheiten ans Licht kommen, umso deutlicher wird, wie professionell die Täter vorgingen, die im November 2020 vorgingen. Bei ihrem Einbruch waren sie nicht nur so abgebrüht, am hellichten Tag in das Gebäude einzudringen und den Kellerraum anzubohren. Sie reinigten danach den Tatort und legten falsche Spuren.

Dass es sich um Profis handelt, zeigte auch die Ausbeute der Razzia im polnischen Wroclaw: Große Mengen Bargeld und Schmuck, Drogen, eine Armbrust, Handschellen und weitere Polizeiausrüstung fanden sich. Vor wenigen Tagen hatte NRW-Innenminister Herbert Reul von „Trugspuren“ gesprochen, die in Emmerich gefunden worden waren. Nach WDR-Informationen hatten die Tresorknacker den Tatort erst mit einer Chlorlösung gründlich gereinigt und dann eine Zigarette und Haare von Unbeteiligten hinterlassen. Die polnische Polizei schreibt: „Alles deutet darauf hin, dass sich die Bandenmitglieder vor der Tat gründlich vorbereitet, detaillierte Informationen über das Objekt gesammelt, geeignete Werkzeuge zusammengetragen und sogar örtliche Nummernschilder verwendet haben.“

Eine polnische Zeitung berichtet, dass die Täter später in Streit um die Millionenbeute gerieten. Das habe sich in kriminellen Kreisen herum gesprochen und schließlich auch die Fahnder erreicht.

Aber warum hatte der Zoll in Emmerich über Allerheiligen eine Millionensumme unbewacht in seinem Tresor? Weil er keine anderen Möglichkeiten besitzt, sagte Frank Buckenhofer von der Gewerkschaft der Polizei jüngst unserer Redaktion. „Solche großen Bargeldbeträge, wie wir sie in Emmerich hatten, sind nicht dort gelagert, weil sie das Ergebnis einer Steuerzahlung sind, sondern, weil sie sichergestellte Barvermögen aus kriminellen Strukturen sind – und die müssen körperlich verfügbar bleiben. Die kann man nicht auf ein Konto einzahlen, weil sie möglicherweise auch Spurenträger sind.“

Nach der Razzia hat das Bezirksgericht im polnischen Wroclaw Haftbefehl gegen die vier Festgenommenen erlassen. Sie sitzen nun für zunächst drei Monate in Untersuchungshaft. In Polen geht man davon aus, dass ihnen auch dort der Prozess gemacht wird. Von einem Polizeisprecher heißt es: „Der Staatsanwalt kündigte eine Anklage an wegen Beteiligung an einer organisierten kriminellen Vereinigung und Diebstahls mit Einbruch. Die Inhaftierten können für die ihnen vorgeworfenen Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren bestraft werden.“ Offenbar wird auch noch nach Komplizen gefahndet, denn am Tatort in Emmerich hatten Zeugen vier Männer beobachtet. Unter den jetzt Festgenommenen sind davon nur zwei.

Wenn sich alles bewahrheitet, was sich jetzt andeutet, handelt es sich bei dem Raub um ein Stück, das für einen Film locker ausreicht. Alleine die Tatsache, dass der Tippgeber ein junger Mann mit polnischen Wurzeln sein soll, der beim Zoll gearbeitet hat, klingt schon drehbuchreif. Die „Bild“-Zeitung berichtet, dass er erst 24 Jahre alt ist, nach außen freundlich und unauffällig aufgetreten sein soll.

Dass die Täter am Parkring in Emmerich über Insiderwissen verfügen mussten, war von Anfang an klar. Wie polnische Medien berichten, wussten sie, dass im Zollamt Geld liegt. Sie sollen damit gerechnet haben, dass sie ungefähr eine halbe Million Euro Beute bekommen könnten. Dass es dann 6,5 Millionen Euro waren, dürfte die Täter mehr als überrascht haben.

Und wäre der junge Tippgeber angeblich nicht um einen Teil seines Anteils gebracht worden, woraufhin es zu einem Streit kam, wäre der Fall möglicherweise nie aufgeklärt worden.

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