Haldern Wiener Überraschungs-Ei bei Rock im Saal

Haldern · Wer bislang, warum auch immer, noch der Meinung war, Rock im Saal sei lediglich ein Ableger des Haldern Pop Festivals ohne eigenes musikalische Profil, der ist spätestens seit Samstag schlauer. Sicher gibt es Berührungs- und Überschneidungspunkte zwischen den Veranstaltungen. So haben auch "We were promised Jetpack" schon auf dem Festival gespielt. Doch an dem Abend war mehr als deutlich, dass der entscheidende Unterschied das Wort "Rock" im Titel ist.

"Rock im Saal" begeistert Haldern
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Akustikgitarren waren bei dem Konzert streng verboten. Der einzige Song, bei dem welche zu hören waren, war das Intro "Haldern deine Linden" rauschen. Traditionell eröffnet die Lindendorf-Hymne den Abend bei Tepferdt.

Dass aber harte Rockgitarren noch lange nicht auf Kosten der Melodie gehen müssen, bewiesen gleich die "Intergalactic Lovers" zum Auftakt. Sängerin Lara Chedraoi war der unumstrittene Mittelpunkt der Band und irgendwie die Quersumme aus Kate Nash und junger Patti Smith. Der Platz auf der Bühne schien dem Energiebündel gar nicht zu reichen. Immer war sie in Bewegung, tanzte zum Rhythmus der Band, der den Sound der 80er zeitgemäß aufgemöbelt ins Jetzt transportierte. Währenddessen stieg im Saal die Spannung.

Denn erstmals hatten die Organisatoren eine Band bis zum Schluss geheim gehalten. Die Fans rätselten über den unbekannten Special Guest und Lara Chedraoi befeuerte die Spekulationen mit dem bedauernden Hinweis. "Es wird kein Stripper im Kuchen sein."

In der Umbaupause kündigte sich schon an, dass da ein ganz besonderes Überraschungs-Ei schlüpfen sollte. Denn dass eine Band beim Soundcheck "In a gadda da Vida" oder "Azzurro" intoniert, ist nicht gerade alltäglich. Inzwischen hatte sich im Saal verbreitet, dass es sich bei den Jungs da oben um "Bilderbuch" handeln könnte. Daraufhin deckten sich viele via Smartphone noch schnell mit ein paar Infos über die Band ein. Die sind gerade der nächste große Hype, konnten 1,2 Millionen Klicks für ihren Song "Machin" einsacken und sollen demnächst bei den großen Festivals durch die Decke gehen.

Daher sollte ihr Auftritt im kleinen Haldern im Vorfeld auch gar nicht so breitgetreten werden. Der Abend könnte der Auftakt zu einer größeren Liebes-Beziehung zwischen Haldern und "Bilderbuch" gewesen sein. Denn Sänger Maurice Ernst bezeichnete Haldern als den "Wallfahrtsort der Musikgeschichte". Eine fromme Formulierung, die gar nicht so zu den frechen Texten der Wiener passte, die dem Publikum auch schon mal vor den Kopf hauten: "Du bist auf meinen Hintern aus."

Als Wiener kommst du offenbar nicht an Falco vorbei und "Bilderbuch" gelang das Kunststück, das österreichische Musikidol musikalisch irgendwie mit Kraftklub zu verheiraten. Heraus kommt ein kraftvoller Sound mit Hip-Hop-Anleihen, der schon richtig Bewegung in den Saal brachte. So richtig unruhig wurde der Security-Mann an der Bühne dann allerdings bei der letzten Band "We were promised Jetpack". Da brachen bei den Fans endgültig alle Dämme. Vor der Bühne ging eine richtige Party ab, auf der die Band ordentlich Gas gab, obwohl Songtitel wie "Quiet little Voices" gar nicht danach klangen.

Die Party ging anschließend mit der traditionellen Sause noch weiter, während das Saalrock-Team bereits damit beschäftigt war, die Konzerthalle wieder in einen amtlichen Gasthaus-Saal zu verwandeln. Dass sie nicht so richtig mitfeiern konnten, werden die Organisatoren verschmerzen können. Denn sie hatten sich schon im Vorfeld "wie Bolle" gefreut, dass die Resonanz so gut war. "Erneut ausverkauft, einfach toll", hatte sich Stefan Brömling vom Team bei der Begrüßung auf der Bühne gefreut.

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