Emmerich "Wette Telder": Führung durch Schandfleck

Emmerich · Tag des Denkmals befasst sich mit dem Haus aus dem Jahr 1650. Seit zehn Jahren verfällt es.

Am Tag des Denkmals nahmen zehn Interessenten die Gelegenheit wahr, mit Monika Wirtz das verfallene Gebäude "En den wetten Telder" an der Steinstraße einmal auch von innen zu besichtigen. Bekanntlich handelt es sich um einen der Schandflecke der Stadt ohne Aussicht auf eine baldige Änderung. Das Haus gehört der Emmericher Unternehmerin Annette Brüderle. Immerhin besitzt das Baudenkmal auch nach Ansicht des Landschaftsverbandes Rheinland einen "besonderen stadthistorischen Stellenwert", da es nur noch wenige erhaltene Giebelhäuser aus der Zeit um 1650 gibt.

"Womöglich ist das Haus das älteste Bauzeugnis eines spätmittelalterlichen Kaufmannshauses überhaupt", schrieb Landeskonservatorin Dr. Kristin Dohmen in einer Beurteilung aus dem Jahre 2007 und weiter: "Es sollte einer Nutzung zugeführt werden."

Die Stadtführerin stützte sich bei ihrer Führung besonders auf Niederschriften des Priesters und Heimatdichters Johannes Derksen, der in dem im Jahre 1650 erbauten Haus als zehntes von zwölf Kindern geboren wurde. Übersetzt lautet der Name des Hauses "Im Weißen Teller" was darauf hindeutet, dass hier einst mit Tellern und Keramik gehandelt wurde.

War die damals repräsentative Vorderansicht einst dominant, ist es heute das ursprünglich als Haus für die Dienerschaft gedachte Hinterhaus, dessen Frontseite jetzt an der Rheinpromenade liegt und bewohnt ist. Die beiden Gebäude sind durch einen kleinen Innenhof verbunden.

Die hohen Fenster am Haupthaus lassen schon von außen erkennen, dass im vorderen Bereich die Decke fünf Meter hoch war, um Lagerplatz für den Gewerbebetrieb zu haben. Es gab ein "Kantörchen" mit Blick auf die Steinstraße, einen Tresorraum mit Metalltor und Kreuzgewölbe sowie einen Windfang zur Abgrenzung vom mehrstöckigen Teil.

Im 19. Jahrhundert fand eine umfassende Renovierung statt. Aus dieser Zeit stammen die gut erhaltenen Bodenfliesen in Flur und Waschküche. Zuletzt wurde das Gebäude 15 Jahre lang bei damals noch schöner Außenansicht von dem Maler Hein Driessen als Atelier genutzt. Seit seinem Auszug vor etwa zehn Jahren verfällt es.

Übrigens ist auf einem an der Schlafzimmertür angebrachten Zettel zu lesen: "Dieses Haus ist ein verkäufliches Denkmal, bei Interesse wenden Sie sich an die Eigentümerin". Name und Anschrift sind notiert.

(woh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort