Rees Wenn Husten zum Soundeffekt wird

Rees · Joe Volk, Ex-Sänger der Band Crippled Black Phoenix, überzeugte trotz schwer angeschlagener Stimme in Haldern.

 Joe Volk kam mit Erkältung, überzeugte aber trotzdem.

Joe Volk kam mit Erkältung, überzeugte aber trotzdem.

Foto: Latzel

Jetzt hat es auch John Wetton erwischt. Der Sänger und Bassist, der den Sound von Bands wie King Crimson, Asia, Wishbone Ash oder Uriah Heep mitprägte, starb im Alter von 67 Jahren. Die Reihen der legendären Bands lichten sich. Glücklicherweise stoßen immer mehr junge, hungrige Bands in diese Lücke und halten vor allem die Musik der 70er Jahre am Leben.

Eine dieser Combos ist Crippled Black Phoenix. Die Gruppe mischt den Sound von Pink Floyd geschickt mit härteren Klängen, präsentiert zeitgemäßen Post-Rock, wie das heute so schön heißt. Und Sänger eben jener Band war Joe Volk, der inzwischen solo unterwegs ist und ein Album herausbrachte, das ihn als Hüter filigraner Indie-Folk-Songs zeigte.

Beim Gastspiel in Haldern brachte Volk dann allerdings eher den Post-Rock seiner alten Band auf die Bühne. Mit Stimmfetzen, Soundfragmenten und Geräuschen leitete er jeden Song ein. So müssen in etwa auch die ersten Konzerte von Pink Floyd abgelaufen sein, nur dass die Fans in den 60er-Jahren auf dem Boden Platz nahmen und sich ganz dem Mahlstrom der Töne hingaben. In der gut gefüllten Popbar blieben die Zuschauer stehen und erlebten einen Joe Volk, der die Soundelemente nutzte, um in dieser Zeit immer mal wieder seine Gitarre nachzustimmen.

Denn mit der hatte er offenbar genauso viele Probleme wie mit seiner Stimme. Schwer angeschlagen war er nach Haldern gekommen und entschuldigte sich dafür, stimmlich nur bei 60 Prozent zu sein. Davon war wenig zu merken, dank geschickter Effekte bei den Vocals.

Volk klang trotz Erkältung wie ein ganzer Chor, prägte die Songs mit seiner warmen Stimme und sorgte für Lacher, als er unvermittelt ins Mikro husten mussten und sich das Geräusch in einer fast endlosen Schleife schließlich im Nirgendwo verlor. Vielleicht ein Effekt, den Volk dauerhaft ins Programm einbauen sollte. Eigentliche Songs spielt Volk nicht. Er kreiert vielmehr Monolithen, die er mit sanften Gitarrenklängen aufbaut, in die Bass und Schlagzeug einsteigen, bis sich das ganze zu einer satten "Wall of Sound" aufbaut. Damit dieser Stoff auf Dauer nicht ganz so unverdaulich wird, baute Volk geschickt auch Reggae-Songs und kleinere Rocker ins Programm ein, die beim Publikum dann auch sofort für Bewegung sorgte.

Als er von der Bühne ging, war klar: Die Reihen der Recken aus den 70er-Jahren mögen sich lichten. Die Nachfolger halten das musikalische Erbe wach.

(RP)
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