Rees Was "Betreuung" wirklich bedeutet

Rees · Amtsgerichtsdirektor Edmund Verbeet äußert sich zum Fall des Reeser Zahnarztes, der Geld zahlen musste, weil er eine Seniorin behandelt hat. Klar wird: Angehörige eines kranken Menschen haben schnell nicht mehr viel zu sagen.

900 Betreuungsverfahren laufen derzeit am Emmericher Amtsgericht. Eines davon ist das einer Seniorin, die durch einen Reeser Zahnarzt behandelt wurde. Gegen diesen erging wie berichtet ein Strafbefehl, weil die gesetzliche Betreuerin der Frau nichts von der Behandlung wusste.

Amtsgerichtspräsident Edmund Verbeet erklärt die Sachlage: Wenn ein Mensch unter Betreuung steht, dann prüft das Amtsgericht regelmäßig, ob die Maßnahme noch nötig ist oder es sonst irgendwelche Probleme gibt. Zum Beispiel, indem die betreute Person befragt wird. Bei einer solchen Überprüfung fiel dem Gericht auf, dass es bei der Zahnarztbehandlung der Seniorin zu "Unregelmäßigkeiten" gekommen sei. Das Gericht hatte die Staatsanwaltschaft davon in Kenntnis gesetzt, die daraufhin tätig wurde. "Die Betreuerin hatte damit überhaupt nichts zu tun", stellt Verbeet klar: Sie hatte im Verfahren "lediglich die Rolle einer Zeugin".

Im Übrigen, so Verbeet, sei das Vorgehen des betroffenen Zahnarztes aus Sicht des Amtsgerichts auch medizinisch keineswegs unumstritten gewesen. So sei es um die Anpassung einer Prothese gegangen, und das sei für die Patientin nicht angebracht gewesen.

Allgemein gilt: Nur in Notfällen dürfen Ärzte einen Patienten ohne dessen Einwilligung behandeln. Und ein Notfall liegt dann vor, "wenn das ärztliche Einschreiten aus ärztlicher Sicht keinen Aufschub duldet", erklärt Verbeet. Wenn ein Mensch "nur" unter Schmerzen leidet, genügt das nicht. Auch in solchen Fällen muss zunächst der Betreuer einwilligen. Ebenso wie in eine Untersuchung, noch vor jedem Eingriff.

Dass einzig der gesetzliche Betreuer zu Entscheidungen befugt ist und sonst niemand, das sei alles andere als "nur" eine Formalie, betont Verbeet. In Zweifelsfällen könnten Ärzte sogar direkt das Amtsgericht anrufen, das auch ganz kurzfristig eine Betreuung arrangieren könne. Aber: "Zurufe aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis sind vollkommen irrelevant."

Das stellt Betroffene oder ihre Angehörigen vor ein Problem, wenn sie finden, dass ein Betreuer die falschen Entscheidungen fällt. Um ihn "loszuwerden", müssen sie sich an das Amtsgericht wenden. Dieses prüft den Sachverhalt und urteilt.

Eigentlich, so Verbeet, seien die rechtlichen Standards aber problemlos einzuhalten. "Wir haben nicht Tausende Verfahren gegen Ärzte", sagte er.

Und Beschwerden über Betreuer: "Nicht viele".

(RP)
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