Emmerich Wahlkampf: Amt liefert Adresse

Emmerich · Für die Wahlwerbung der Parteien bieten die Rathäuser Adressen von Bürgern an. "Piraten"-Kandidat Wolfgang Huying sieht darin einen Verstoß gegen den Datenschutz. Auch die NPD dürfte Namen und Anschrift bekommen.

 Post von der Partei. Wenn Jugendliche solche Briefe bekommen, hat vorher das Rathaus die Adresse weitergegeben.

Post von der Partei. Wenn Jugendliche solche Briefe bekommen, hat vorher das Rathaus die Adresse weitergegeben.

Foto: Markus van Offern

Der Halderner Piraten-Kandidat Wolfgang Huying war überrascht, als ihm das Angebot von der Stadt Rees gemacht wurde. Für ihn ist es sein erster Wahlkampf, das Verfahren fand er ungewöhnlich. "Mein erster Gedanke war: ,Super! Erstwähler sind doch genau unsere Zielgruppe.' Der zweite war: ,Ist das eigentlich in Ordnung?'", sagt Huying.

Es ist zumindest Gesetz. Nach dem Meldegesetz sind die Kommunen verpflichtet, an Parteien bei Wahlen Daten herauszugeben. Dafür gibt es Vorgaben, wie der Reeser Stadtsprecher Frank Postulart erläutert. Von den Parteien dürfen zwei Datensätze pro Wahl abgefragt werden. Besonders beliebt sind dabei die Erstwähler und die Senioren. Das bestätigt auch Martina Lebbing von der Stadt Emmerich. "Wir sind verpflichtet, diese Daten herauszugeben."

Das Gesetz macht bei den Parteien keine Unterschiede. Auch rechtsextreme Parteien können die Adressen ohne Probleme bekommen. Das ist bislang aber noch nicht geschehen.

Wer sich dagegen wehren will, kann seine Adresse in den Rathäusern sperren lassen.

Bedenken bei den Parteien, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen, gibt es offenbar nur wenige. Die Kreis Klever CDU hat das schon bei Wahlkämpfen getan. "Wir haben die Daten dieses Mal aber nicht angefordert, weil das eine sehr teure Art des Wahlkampfes ist. Zudem zeigt das Verschicken von Briefen nach dem Gießkannenprinzip wenig Wirkung", meint Kreisgeschäftsführer Manfred Lorenz. Datenschutzrechtlich hat er keine Bedenken.

So sieht es auch die SPD, die die Adressen zur Landtagswahl angefordert haben. "Wir vernichten die Daten anschließend, daher kann ich keinen Verstoß gegen den Datenschutz sehen", sagt Annemarie Philipps von der SPD-Kreisgeschäftsstelle. Die SPD hat sich für die Daten der Erstwähler entschieden, in Kürze werden diese Post bekommen.

Der Kreis-Vorstand der Grünen hat es abgelehnt, sich die Datensätze schicken zu lassen. "Wir haben es aber unseren Ortsverbänden überlassen, wie sie sich verhalten", sagt Kreisgeschäftsführer Hermann Brendiek. Die Reeser Grünen haben sich die Adressen besorgt. "Wir haben das schon öfter gemacht und Erstwähler angeschrieben, bisher gab es nie eine Beschwerde", sagt Grünen-Chef Helmut Wesser.

Kritisch sieht die FDP die Praxis. "Ich habe Probleme mit", sagt Dr. Ralf Klapdor. Daher habe die Kreis-FDP die Daten nicht angefordert.

(RP)
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