interview ina spogahn „Deutsche haben die Uhr, Inder die Zeit“

REES · Yoga-Lehrerin Ina Spogahn berichtet für die VHS von ihren Erfahrungen als Yoga-Lehrerin in Indien.

Vortrag im Bürgerhaus in Rees
Foto: spogahn

„Von Kokosnüssen und Glückseligkeit“ handelt der reich bebilderte VHS-Vortrag, den Ina Spogahn am Mittwoch, 6. November, ab 20 Uhr im Reeser Bürgerhaus über Südindien und ihre Ausbildung zur Yoga-Lehrerin hält. Dass diese Bilderreise nicht nur für Frauen interessant ist, sondern auch das Leben der männlichen Zuhörer entschleunigen kann, erklärt die Bocholterin im Interview.

 Ina Spogahn.

Ina Spogahn.

Foto: spogahn

Wie kam Ihr erster Kontakt zu Indien zustande?

Ina Spogahn 2015 flog ich zum ersten Mal nach Indien, um dort eine Yogalehrer-Ausbildung zu machen. Normalerweise buche ich auf meinen Reisen vorher nie feste Unterkünfte und lasse mich einfach treiben, aber in diesem Fall wusste ich, dass ich die ersten Vier Wochen in einem Ashram verbringen würde. Ich werde nie die ersten Bilder vergessen, als ich in Indien am kleinen Flughafen Kochin ankam. Trotz des Trubels strahlte der Ort eine Ruhe aus. Die Sonne ging gerade unter, alles war in ein warmes Licht getaucht, die Frauen in ihren bunten Saris strahlten um die Wette. Indien hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Inzwischen war ich fünf Mal dort. Kerala, im Süden von Indien, genauer gesagt Varkala, ist für mich zu einem zweiten Zuhause geworden.

Was kann der niederrheinische Zuhörer von den Indern lernen?

Spogahn Die Deutschen haben die Uhr, die Inder haben die Zeit. In Indien verläuft nichts nach Plan, aber man lernt in Indien, darauf zu vertrauen, dass am Ende alles passt. Wir Europäer sind viel zu verkopft. Auf meinen Reisen durch Indien ging es mir weniger darum, touristische Highlights zu entdecken, sondern mehr um eine innere Reise. Ich bin per Zug, Bus und Tuk-Tuk vom Süden bis in den Norden gereist, habe eine Weile in Goa und mehrere Monate in McLeod Ganj, einem kleinen Ort in der nördlichen Region Dharamsala, verbracht. Aber im Vortrag, den ich in Rees halte, geht es um die Region Kerala. Im Fokus stehen meine Zeit im Ashram und meine Ausbildung.

Was ist der Unterschied zwischen dem Yoga, das viele Deutsche zu kennen glauben, und dem Yoga, das Sie in Indien kennengelernt haben?

Spogahn Yoga wird in der westlichen Welt oft auf den Teil der Körperübungen beschränkt. Aber Yoga ist eigentlich eine Philosophie, ein achtgliedriger, ganzheitlicher Lebensweg für mehr Balance zwischen Körper, Geist und Seele. Die Körperübungen machen nur ein Achtel dessen aus, was Yoga ist.

Wie sah Ihre Ausbildung zur Yogalehrerin aus?

Spogahn Ich habe eine Intensivausbildung gemacht, vier Wochen, 250 Stunden Asana-Praxis, Meditation, Anatomie und vor alle Philosophie-Unterricht. Anfangs war für mich der härteste Teil, morgens um halb fünf aufzustehen. An den Tagesrhythmus gewöhnt man sich aber schnell. Viel härter war das Umdenken. Mein Verstand hat sich gegen vieles gewehrt, was ich in dieser Zeit gelernt habe, weil es nicht vereinbar war mit dem, wie meine Welt bislang funktionierte. Zum Glück habe ich nicht aufgegeben, denn später fühlte es sich richtig gut an. Ich habe nach meiner Ausbildung in Indien noch eine yoga-therapeutische Ausbildung in Deutschland absolviert, um den Menschen hier besser helfen zu können. Denn nicht jeder Körper ist dafür geeignet, auf dem Kopf zu stehen. (lacht)

Gibt es in Ihrem VHS-Vortrag auch praktische Yoga-Übungen? Muss man etwas mitbringen?

Spogahn Leggins sind nicht notwendig. Es reicht, wenn die Zuhörer Offenheit mitbringen, für ein fremdes Land und eine andere Kultur. Ansonsten geht es nur darum, sich zurückzulehnen und den Moment zu genießen. Auch das ist Yoga!

Ist Yoga ein „Frauen-Ding“? Oder auch etwas für männliche Zuhörer?

Spogahn In Indien war Yoga lange den Männern vorbehalten, in Deutschland ist Yoga bei den Frauen beliebter. Die Entschleunigung, die man durch Yoga erreichen will, kann heute aber wohl jeder gebrauchen. Unsere Welt ist schnelllebig, der Leistungs- und Erwartungsdruck ist hoch. Yoga kann ein Weg sein, um wieder mehr Ruhe, mehr Balance zu finden. Das gilt für die körperliche und für die geistige Ebene. Jeder kommt bei diesem Vortrag auf seine Kosten.

Sie bieten auch Yoga-Reisen an. Was ist das Besondere daran?

Spogahn Ich führe die Reisen in den Süden Indiens gemeinsam mit einem guten Freund durch: Biju stammt aus Varkala und hat bis zum Alter von 25. Jahren dort gelebt, bevor er eine Deutsche heiratete und hierher zog. Er spricht fließend Deutsch und bringt unserer kleinen Gruppe Indien auf eine einmalige Weise näher. Den organisatorischen Part übernehme ich mit einer deutschen Reiseagentur. So kann der Teilnehmer den deutschen Komfort und die Sicherheit genießen und sich auf ein hautnahes Indien-Erlebnis freuen. Tägliche Yoga-Stunden und ayurvedische Massagen runden das Paket ab. Die nächste Reise startet am 4. April 2020 und dauert zwei Wochen. Ab Ende 2020 werde ich dann auch Yoga-Reisen nach Bali anbieten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort