Emmerich Verzweiflungstat nach Gerichtsurteil

Emmerich · Nach dem Freispruch für ein Mitglied der "Freeway Riders" drohte der 52-Jährige, der im Sommer auf dem Eltener Campingplatz zusammengeschlagen wurde, sein Haus in die Luft zu sprengen. Ein Spezialeinsatzkommando rückte an.

 Beamte führen den 52-Jährigen in der Nacht zu den Einsatzfahrzeugen, er wurde direkt in eine psychiatrische Klinik gebracht. Der Zugriff war um 23.30 Uhr, Widerstand leistete der Mann nicht.

Beamte führen den 52-Jährigen in der Nacht zu den Einsatzfahrzeugen, er wurde direkt in eine psychiatrische Klinik gebracht. Der Zugriff war um 23.30 Uhr, Widerstand leistete der Mann nicht.

Foto: Guido Schulmann

Um 23.30 Uhr zerriss ein Krachen die Ruhe, die bis dahin geherrscht hatte. In diesem Augenblick griff das Spezialeinsatzkommando zu, rammte die Glastür des kleinen Häuschens auf dem Campingplatz an der B 8 und überrumpelte den 52-Jährigen darin. "Ein grausames Geräusch", beschrieb es gestern ein Nachbar, der den Polizeieinsatz in der Nacht von der Straße aus miterlebte: "Dieses Knacken von Holz, Glas, und diese Typen haben herumgebrüllt — ich kriege das gar nicht mehr aus dem Kopf."

 Das Haus des 52-Jährigen auf dem Campingplatz an der Wild nach dem Einsatz der Polizei. Glastür und Fenster wurden zerschmettert.

Das Haus des 52-Jährigen auf dem Campingplatz an der Wild nach dem Einsatz der Polizei. Glastür und Fenster wurden zerschmettert.

Foto: Schulman-TV / Markus van offern

Der 52-jährige Dauer-Bewohner des Eltener Campingplatzes am Wildweg hatte am Abend Bekannten davon erzählt, dass er in seinem Haus eine Gasexplosion hervorrufen und sich mit in die Luft sprengen wolle. Als die Polizei kam, ließ er sich allerdings widerstandslos überwältigen. Er hatte bis dahin auch keinerlei Anstalten gemacht, die Gasanlage zu manipulieren.

Der stundenlange Polizeieinsatz war riesig, aber leise. Das Gelände wurde mit einem Großaufgebot abgeriegelt, Polizeiautos und -busse säumten die umliegenden Straßen, Feuerwehrwagen und Notarzt sammelten sich in der Nähe.

Die Betreiberin des Platzes, Susanne Philipoom, durfte nicht mehr aufs Gelände. Auf Anweisung der Polizei rief sie ihre Mieter reihenweise an und bat sie, die Anlage sofort leise und unauffällig zu verlassen und dabei gegebenenfalls Nachbarn mitzunehmen. Sie beobachtete, wie die Mitarbeiter des Spezialeinsatzkommandos in Zivil ankamen und vor Ort in ihre schwarze Montur stiegen, erklärte die Lage von Gastanks und elektrischen Anlagen.

Dutzende Bewohner wurden zur Europa-Hauptschule gebracht, andere warteten für Stunden ruhig an der Straße. Einer der verständigten Nachbarn nutzte eine Gelegenheit und drehte, bevor er sich in Sicherheit brachte, den Gasanschluss zu, über den das Haus des 52-Jährigen von außen versorgt wurde. Die Polizei griff zu, nachdem gesichert war, dass der Mann sich wirklich allein in seinem Häuschen befand.

Bekannte des 52-Jährigen glauben jetzt, dass er über den am Montag gefällten Freispruch gegen den Angehörigen des Motorradclubs "Freeway Riders" vollkommen verzweifelt war.

Der 52-Jährige war im Juni auf der Schwelle seines Hauses überfallen, zusammengeschlagen und schwer verletzt worden. Er beschuldigt einige Mitglieder der "Freeway Riders" der Tat. Einer von ihnen hat ebenfalls ein Haus auf dem Platz, und es hatte in der Vergangenheit Streit gegeben.

Nachbarn erzählten gestern, dass Rocker den Mann seitdem massiv eingeschüchtert hätten. An den Tagen vor dem Prozess hätten sie demonstrativ Präsenz gezeigt. "Der war am Ende, und der Freispruch war der Höhepunkt des Ganzen."

Eine Freundin glaubt, dass er nie über die Attacke hinwegkommen konnte. "Er hätte psychologische Betreuung gebraucht nach so einer Gewalterfahrung in seinen eigenen vier Wänden." Zwar habe er auch abgesehen davon in der Vergangenheit einige familiäre und persönliche Schicksalsschläge erlebt. Das Urteil von Montag aber habe ihn niedergeschmettert, er sei psychisch mitgenommen gewesen. "Und jetzt noch einmal dieser Übergriff in seinem Haus — es hat mir das Herz gebrochen."

(RP)
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