Unterwegs Tandem – Teamwork auf dem Fahrrad

Emmerich · Sie haben Seltenheitswert und sind ein Hingucker: Trotz der Liebe zum Radfahren gehören Tandems zur Ausnahme am Niederrhein. Dabei bieten sie „Pilot“ und „Heizer“ ein ganz besonderes Vergnügen, weiß Christian Preuth.

 Ist das Duo auf dem Rad erst einmal eingespielt, sind mit dem Tandem tolle Ausflüge möglich.

Ist das Duo auf dem Rad erst einmal eingespielt, sind mit dem Tandem tolle Ausflüge möglich.

Foto: pixabay /hartjes/pixabay / hartjes

Eine Fahrradtour durch die schöne Landschaft gehört am Niederrhein zu den beliebtesten Freizeitvergnügen. Auf einem Tandem kann man so einen Ausflug zu zweit genießen. Denn da kann keiner dem anderen davonfahren. „Tandemfahren macht sehr viel Spaß“, weiß Christian Preuth. Der Emmericher Fahrradhändler ist der einzige, der ein solches „Fahrrad für zwei“ besitzt und es auch verleiht.

Und dieses Fahrrad stand bereits einige Mal im Mittelpunkt einer Geschichte. Christian Preuth begann 1998 beim Fahrradhändler Paul Jansen in der Kaßstraße seine Lehre zum Zweiradmechaniker. Das lag in der Familie, auch sein Vater und sein Onkel hatten diesen Beruf erlernt. Das Emmericher Ehepaar Margret und Manfred Schmittkamp kaufte dort vor vielen Jahren ein Tandem – ein Markenrad von Gazelle – weil sie gerne zusammen Rad fuhren. „Ich habe während meiner Lehre öfter an dem Rad herumgeschraubt“, erzählt Christian Preuth, der im Jahr 2004 seine Monique heiratete. Dass alle Gäste per Rad zur Trauung kamen, fiel ihm nicht weiter auf. Als das frisch getraute Paar aus dem Standesamt trat, stand da das Tandem, auf dem die beiden – in Begleitung von radfahrenden Trauzeugen und Gästen – dann nach Hause fahren durften. Mutter Gerda und Paul Jansen, der zur Trauung auf einem Hochrad erschien, hatten das ganze organisiert.

Im Februar 2010 eröffnete Christian Preuth seine Fahrradecke am Großen Löwen. Das Tandem bekam er von den Schmittkamps mit der Auflage geschenkt, es nicht zu verkaufen. Ausleihen war erlaubt. Die erste Probefahrt mit einem Kumpel endete kurz vor der Schaufensterscheibe eines Geschäftes. Denn das gemeinsame Fahren ist gar nicht so einfach. „Der hinten sitzt, will immer mitlenken, was natürlich nicht geht. Er muss helfen, das Gleichgewicht zu halten“, erklärt Preuth. Aber wenn man erst mal raushat wie es funktioniert, ist das Fahrvergnügen doppelt. Vor rund 20 Jahren fuhr der Zweiradhändler mit einem Schützenkollegen auf dem Tandem die Radwallfahrt nach Kevelaer mit. Zwei- bis dreimal im Jahr fragen Kunden nach dem Tandem. Hier ein paar Regeln, wie das Zusammenspiel klappt: Die Person, die beim Tandem vorne sitzt, nennt sich im Fachjargon Pilot, Steuermann oder Captain, der Mitfahrer ist der Stoker oder Heizer. Der Pilot, der zum ersten Mal auf einem Tandem sitzt, sollte das Fahren zunächst alleine ausprobieren, um Lenkreaktion, Wendekreis und Bremsverhalten kennenzulernen. Er hält das Rad stabil und senkrecht, bis der Mitfahrer aufgesessen ist und die Füße fest auf den Pedalen stehen. Zum Anfahren stellt der Pilot das Pedal hoch für einen guten Antritt. Ein Tandem ist schwerer als ein normales Rad, deshalb muss ein längerer Bremsweg einkalkuliert werden. Eingespielte Tandem-Teams verstehen sich auch ohne Worte, aber gerade Anfänger müssen sich über die Fahrt verständigen. Anfahren, Schalten, Stopps, besondere Manöver – alles besser ankündigen, um die Abläufe geschmeidig zu gestalten. Wer es gemütlicher mag: Es gibt mittlerweile auch welche mit Elektrounterstützung. Im Schnitt sind Tandems zwei- bis dreimal teurer als ein einfaches Rad.

Mitte der 80er Jahre sah man öfter Tandems auf der Straße, mittlerweile sind sie eine Rarität. Das bestätigt auch Stephan Heßeling von „Zweirad Heßeling & Kluitmann“. „Bei uns ist die Nachfrage gleich Null. Ich kenne das nur von Urlaubsorten, wo Kinder auf Tandems vorne mitfahren und die Erwachsenen hinten lenken. Die Leute fragen sehr viel mehr nach E-Bikes für ihre Radtouren.“

Auch Christian Preuth sieht Tandems nur sehr selten. „Bei mir kamen schon mal Engländer vorbei, die waren auf ihrem Tandem unterwegs. Da musste ich etwas reparieren“, erzählt der Zweiradmechaniker. Wer aber mal eine Runde drehen möchte oder seinen nächsten Radausflug auf dem Tandem plant, der kann sich die Gazelle, die bestimmt schon drei Jahrzehnte „auf dem Buckel hat“, gerne ausleihen.

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