Geschichte Tafel erinnert an Schändung der Synagoge

Rees · Am Haus in der Oberstadt wird jetzt konkret über die Vorkommnisse am 10. November 1938 informiert.

 Bernd Schäfer und Hausbesitzer Hans-Heiner Janssen am Standort der ehemaligen Synagoge von Rees in der Oberstadt 16.

Bernd Schäfer und Hausbesitzer Hans-Heiner Janssen am Standort der ehemaligen Synagoge von Rees in der Oberstadt 16.

Foto: Michael Scholten

 (ms) Seit den frühen 90er Jahren erinnert eine Gedenktafel am Haus in der Oberstadt 16 an die frühere Synagoge der ehemaligen jüdischen Gemeinde von Rees. Die Bronzetafel wurde auf Initiative von Dieter Roos angebracht und zeigt in einer Skizze von Michael Hoffmann das damalige Gebäude mit den markanten Rundbogenfenstern. Der kurze Text auf der Tafel erinnert an die Gründung des Synagogengebäudes um 1840 und an dessen Zerstörung beim Bombenangriff auf Rees im Februar 1945.

„Leider fehlt zwischen der dritten und der vierten Zeile jeder Hinweis darauf, was am 10. November 1938, am Morgen nach der Pogromnacht, in diesem Haus passiert ist“, sagt Bernd Schäfer, der seit Jahrzehnten intensiv die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Rees erforscht. Diese historische Lücke wird seit gestern durch ein zusätzliches Acrylglas-Schild gefüllt, die ein Mitarbeiter des Reeser Bauhofs am Haus Nummer 16 anbrachte.

In enger Absprache mit dem Kulturamt verfasste Bernd Schäfer den Zusatztext, der unter anderem beschreibt: „Am 9./10. November 1938, dem Reichspogrom, verwüsteten Männer der SS (Schutzstaffel) und der SA (Saalschutz) sowie Frauen der NS-Frauenschaft die Synagoge mit ihrem Betraum. Bibeln und andere Kultgegenstände wurden aus den Fenstern geworfen. Das Gotteshaus wurde geschändet, aber nicht in Brand gesetzt, da es in einer Häuserzeile stand.“ Hans-Heiner Janssen, Besitzer des Hauses, genehmigte gern die Anbringung des neuen Schildes, wünschte sich aber, dass auch die angestammte Bronzetafel an ihrem Platz bleibt.

Von Bernd Schäfer erhielt Janssen viele weitere Informationen über die frühere Nutzung des Gebäudes: Im Erdgeschoss war die einklassige jüdische Volksschule untergebracht, im Obergeschoss war der Gebetsraum. Bis 1935 wohnte der Lehrer und Kantor Meier Levisohn im Erdgeschoss, nach dessen Tod zog die jüdische Familie Sander in das Haus. Auf dem Bürgersteig vor dem Haus Nummer 16 erinnern fünf „Stolpersteine“ an Max und Hertha Sander sowie ihre Söhne Kurt, Herbert und Walter, deren Leidensweg mit dem Pogrom 1938 begann und später mit dem Tod in Konzentrations- und Vernichtungslagern endete.

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