Wegen Nazi-Vergangenheit des Namensträgers Ausschuss benennt Straße um

REES · Anwohner der Erich-Feyerabend-Straße wollten eine Vertagung der Entscheidung, die jetzt der Bauausschuss auf Empfehlung der Stadtverwaltung traf. Der Enkel des Künstlers hatte um differenzierte Betrachtung Erich Feyerabends gebeten.

 Die Erich-Feyerabend-Straße wird in Anne-Frank-Straße umbenannt.

Die Erich-Feyerabend-Straße wird in Anne-Frank-Straße umbenannt.

Foto: Michael Scholten

Die Erich-Feyerabend-Straße wird in Anne-Frank-Straße umbenannt. Das entschied der Ausschuss für Umwelt, Planung, Bau und Vergabe in seiner jüngsten Sitzung bei einer Enthaltung.

Nachdem die Grünen auf Anregung von Sebastian Hiller den Vorschlag eingereicht hatten, die nationalsozialistische Vergangenheit des 1889 in Rees geborenen Malers, Zeichners und Kunstprofessors genauer zu erforschen, hatte Kulturamtsleiterin Sigrid Mölleken die Ergebnisse ihrer Recherche vorgestellt (die RP berichtete). Demnach gehörte Erich Feyerabend von 1933 bis 1936 einer SS-Motorradstaffel an und war im August 1934 einer von 37 Unterzeichnern des von Joseph Goebbels formulierten Aufrufs zur Volksabstimmung über die Zusammenlegung des Reichspräsidenten- und Reichskanzleramtes.

„Mithin ist es nicht richtig, diesem in Rees geborenen Künstler ein ehrenvolles Gedenken zu bewahren“, betonte Grünen-Fraktionssprecher Helmut Wesser. Auch Bodo Wissen, Bürgermeisterkandidat der SPD, begrüßte die Umbenennung: Feyerabend habe sich frühzeitig und eindeutig zum Nationalsozialismus bekannt, als es dazu keine Verpflichtung gab und die Demokratie noch nicht ganz abgeschafft worden war. „Als Anwohner hätte ich ein besseres Gefühl, wenn ich meinen Namen mit der Anne-Frank-Straße verbinden könnte als mit dem Namen einer Person, die zumindest in Teilen zwielichtig gehandelt hat.“

Bauamtsleiterin Elke Strede hatte zuvor mitgeteilt, dass einige Anwohner der Straße den Ausschuss um eine Vertagung gebeten hatten und selbst gehört werden wollten. „Dazu kann ich nur klar und deutlich mitteilen, dass es bei Straßenumbenennungen keine Anhörungsverpflichtung gibt“, betonte Strede. Die Entscheidung liege beim Fachausschuss.

Die Stadt Rees zahlt jedem der 48 dort gemeldeten Anwohner der Erich-Feyerabend-Straße eine Entschädigung von 50 Euro, um Kosten und Aufwand zu kompensieren, die durch die Umbenennung entstehen.

Kulturamtsleiterin Sigrid Mölleken verwies darauf, dass Erich Feyerabend bereits im Kleinkindalter mit seiner Familie nach Berlin gezogen sei und später offenbar keine Verbindung mehr zu seiner Heimatstadt gehabt habe. Ein Enkel des Künstlers habe sich bei der Stadt gemeldet. „Er hat keinen Protest gegen eine Umbenennung erhoben, sondern einfach um eine differenzierte Betrachtung seines Großvaters gebeten“, erlärte Mölleken dem Ausschuss. Nach Recherchen der Stadt Rees gibt es bundesweit keine zweite Erich-Feyerabend-Straße.

Auch im Reeser „Künstlerviertel“, dessen Straßen nach Reeser Künstlern wie Hein Scholten, Helmut Liesegang, Piet Leising und Jan Quinkhard benannt wurden, ist die Erich-Feyerabend-Straße bald Geschichte. Mit dem Namen Anne-Frank-Straße will die Stadt Rees (auch) eine Verbindung zur früheren Anne-Frank-Förderschule herstellen, die 2015 geschlossen wurde.

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