Lokalsport "Mit zweierlei Maß gemessen"

Lokalsport · Der aus Haldern stammende Ausdauersportler Gregor Komescher hält die lebenslange Sperre für Dopingsünder Lance Armstrong für ungerecht. Er selbst möchte noch einmal am "Race across America" teilnehmen.

 Kein Blick zurück im Zorn: Gregor Komescher wehrt sich gegen die Doppelmoral, die seiner Meinung nach im "Fall Lance Armstrong" eine große Rolle spielt.

Kein Blick zurück im Zorn: Gregor Komescher wehrt sich gegen die Doppelmoral, die seiner Meinung nach im "Fall Lance Armstrong" eine große Rolle spielt.

Foto: Archiv

Der Skandal um Radprofi Lance Armstrong hat in der vergangenen Woche die internationale Sportwelt erschüttert. Nachdem er des Dopings überführt wurde, musste der Amerikaner seine sieben "Tour de France"-Siegertitel abgeben. Zudem sperrte der Radsport-Weltverband UCI den Texaner lebenslang für alle weiteren Rennen.

"Das ist ungerecht", sagt der aus Haldern stammende Ausdauersportler Gregor Komescher, ohne sich generell für das Doping aussprechen zu wollen. Im Interview mit RP-Mitarbeiter Michael Scholten zeigt der 54-Jährige "Race Across America"-Teilnehmer das Dilemma des Profisports auf.

Lance Armstrong wurden alle Titel aberkannt. Ist das gerecht?

Komescher Nein. Warum wird Lance Armstrong lebenslang gesperrt und die Mehrheit der Profis, die des Dopings überführt wurden, nicht ? Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Entweder muss man ausnahmslos jeden, der erwischt wird, lebenslang sperren, oder aber man muss das Doping generell erlauben.

Das klingt so, als ob Sie das Doping befürworten.

Komescher Ich bin absoluter Gegner des Dopings, weil es immer zu Lasten des Sportlers geht. Aber wie funktioniert denn der Profisport ? Man ist ein junger Radsportler und kämpft sich an die vordere Spitze, weiß jedoch, dass man es auf natürlichem Weg niemals an die oberste Spitze bringen wird, weil dort alle dopen. Sein Manager, sein Sportarzt, seine Teamkollegen legen ihm nahe, etwas einzunehmen, damit er zur Nummer eins wird. Wer mir jetzt sagt ,Das würde ich nie machen', dem glaube ich kein Wort.

Die Tour de France verbinden viele Menschen vor allem mit Lance Armstrong und Jan Ulrich. Beide sind des Dopings überführt worden. Ist der Profi-Radrennsport nur mit Doping möglich?

Komescher Der Radrennsport ist ohne Doping möglich, nur an der Spitze würde es dann langsamer zugehen. Das wäre aber so egal wie gerecht, wenn wirklich keiner mehr dopen würde.

Wie groß war und ist die Verlockung, bei Ihren eigenen Rennen die Leistungskraft durch Doping zu erhöhen?

Komescher Gleich null. Ich lebe nicht von Titeln, Preisgeldern und Werbeverträgen. Ich mache Sport, weil ich mich fit und jung halten will. Außerdem will ich andere Leute dazu bringen, genauso viel Spaß am Sport zu haben wie ich selbst. Leider muss ich aber sagen, dass auch im Amateursport sehr viel gedopt wird. Das ist noch unsinniger als beim Profisport, weil Amateure ihre Leistungen durch Doping kaum messbar erhöhen können.

Sie haben 2010 am "Race Across America" teilgenommen, dem angeblich härtesten Radrennen der Welt. 1700 Kilometer vor dem Ziel mussten Sie aufgeben. Hätten Sie mit Doping die komplette 5000 Kilometer-Distanz geschafft?

Komescher Nein. Dort habe ich mir den Lenker ins Knie geschlagen und danach vom Arzt das Schmerzmittel Ibuprofen bekommen. Ich denke, das ist vertretbar. Ich behaupte, dass ich die letzten 1700 Kilometer auch mit Doping nicht hätte fahren können. Und selbst wenn: Ich hätte dafür nicht meine Gesundheit aufs Spiel setzen wollen, sondern bin lieber stolz auf die große Etappe, die ich aus eigener Kraft geschafft habe.

Wollen Sie das "Race Across America" irgendwann noch einmal in Angriff nehmen ?

Komescher Ja. Es sah schon danach aus, dass mein Traum 2013 in Erfüllung gehen könnte. Doch einer der Hauptsponsoren hat leider abgesagt. Jetzt lautet das Ziel: 2014. Ich habe bei der Premiere sehr viel Erfahrung gesammelt und hoffe, dass ich diese nutzen kann, um die 5000 Kilometer gesund und heil in zwölf Tagen zu schaffen. Aber die Teilnahme steht und fällt mit der Frage, ob ich Sponsoren finde.

(ms)
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