Literatur Spannende Romane vom Schreibtisch in Rees

Rees · Durch die Krankheit seiner Eltern ist Iskan Tolun zum Schreiben gekommen. Mittlerweile hat er eine große Fangemeinde.

 Der Reeser Autor Iskan Tolun mit den Büchern, die er bislang veröffentlicht hat. Von seinem Verlag in Istanbul wurde er jüngst als „Autor der Woche“ gefeiert.

Der Reeser Autor Iskan Tolun mit den Büchern, die er bislang veröffentlicht hat. Von seinem Verlag in Istanbul wurde er jüngst als „Autor der Woche“ gefeiert.

Foto: Michael Scholten

Seine Romane werden in aller Welt gelesen, doch ihren Ursprung haben sie in Rees. Iskan Tolun, gerade vom Istanbuler Verlag Ozan yayıncılık zum „Autor der Woche“ ernannt, verfasst in seiner deutschen Wahlheimat Bücher, die von einer türkischsprachigen Fangemeinde in vielen Ländern gelesen werden. Dabei hat der gelernte Schweißer, 1966 auf kurdischem Gebiet der Türkei geboren und seit 1985 in Rees, erst spät seine Leidenschaft für die Literatur entdeckt.

„Ich habe sechs Jahre lang meine kranken Eltern gepflegt und musste deshalb meine Arbeit aufgeben“, sagt Iskan Tolun. Wann immer Vater und Mutter schliefen, wachte der Sohn neben dem Bett und las, was immer er in die Hände bekam: erst Zeitungen, dann die Klassiker der Weltliteratur: Tolstoi, Dostojewski, Goethe, Orwell oder Jules Verne.

Die neu entfachte Leselust weckte das Verlangen, eigene Texte zu verfassen. Iskan Tolun hielt seine Gedanken zu den Klassikern in seiner stetig wachsenden Bibliothek fest. Auch eine Ansprache des damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck oder die tragischen Nachrichten über Anschläge der Terrorgruppe Islamischer Staat inspirierten ihn zu Essays und Kurzgeschichten.

Mit Hilfe eines Bekannten, der das Erstlingswerk „Gerçek Hikayeler ve 444 kitabın özeti“ am Computer layoutete, kam der Kontakt zum Verlag in Istanbul zustande. Die ersten 400 gedruckten Exemplare verteilte Iskan Tolun kostenlos an Freunde und Angehörige sowie an türkische Schriftsteller. Ein Exemplar mit Widmung und Dankesworten schickte er sogar an den Bundespräsidenten.

Der Reeser schreibt nicht in seiner kurdischen Muttersprache, sondern nutzt die türkische Sprache, die er einst in der Schule lernen musste. „Im Türkischen habe ich derzeit mehr Ausdrucksmöglichkeiten und verfüge über einen größeren Wortschatz“, sagt Iskan Tolun. „Ich bilde mich aber in meiner Muttersprache weiter, weil ich meine Bücher auch in kurdischer Sprache veröffentlichen möchte.“ Gern würde er deutsche Übersetzungen in Auftrag geben, doch dieser Plan scheitert am Geld: „Obwohl die Bücher sehr beliebt sind, geht es mir wie den meisten Autoren: Der finanzielle Erfolg kommt erst nach vielen Jahren oder in vielen Fällen gar nicht.“ Nicht das Geld sei seine Motivation zum Schreiben, sagt er, sondern die Liebe zur Literatur: „Mein Ziel ist es, jeden Tag mindestens 50 Seiten von anderen Autoren zu lesen und mindestens eine eigene Seite zu schreiben.“, Meist sitzt er abends an seinem Schreibtisch im Wohnzimmer und nutzt die digitale türkische Tastatur seines Tablets.

War das erste Buch eine Sammlung von Kurzgeschichten, schreibt er seit 2015 jährlich einen Roman und mischt dafür Fakten mit Fiktion. Manche Figuren kehren wieder, andere kommen spektakulär zu Tode. Oft spielt die Handlung in der Türkei, aber auch Köln und Berlin dienten schon als Schauplätze. „Ich schreibe Romane, die aufeinander aufbauen, doch jedes Buch ist eine abgeschlossene Geschichte“, sagt Tolun. Anfangs steuerte der Reeser Künstler Metin Yildirim Zeichnungen zur Illustration bei, später übernahm der Reeser Künstler Waldemar Zech diese grafische Arbeit. Über seinen türkischen Verlag erhält Iskan Tolun positive Reaktionen von Lesern aus Europa, Nord- und Südamerika und Asien.

In Zukunft möchte er weiter mindestens einen Roman pro Jahr schreiben und die Werke bei Lesungen der Öffentlichkeit vorstellen. Und vielleicht, so hofft er, kommt der Kontakt zum Film zustande: „Meine Geschichten sind spannende Filmstoffe und bieten eine gute Grundlagen für Drehbücher“, findet er.

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