Kabarett Starker Tobak von Pufpaff

Rees · Der etwas andere Kabarettist Sebastian Pufpaff trat im Bürgerhaus Rees auf und hielt der Gesellschaft ohne Rücksicht den Spiegel vors Gesicht. Unbequem und genial zugleich.

 Pufpaff wurde bereits mit dem Prix-Pantheon ausgezeichnet.

Pufpaff wurde bereits mit dem Prix-Pantheon ausgezeichnet.

Foto: scholten

Der Selbstzweifel kam zu Beginn der zweiten Halbzeit. „Warum bin ich so?“, fragte Sebastian Pufpaff in den Saal des Reeser Bürgerhauses hinein. „Warum bin ich ein kapitalistisches, sexistisches Arschloch?“ Und noch bevor die 500 Zuschauer eine Antwort Richtung Bühne rufen konnten, wusste der Kabarettist: „Die Gesellschaft hat mich dazu gemacht.“

Es war in der Tat starker Tobak, den der Prix-Pantheon-Preisträger bei seinem dritten Gastspiel in Rees abfeuerte. War bei den früheren Programmen „Warum!“ und „Auf Anfang“ schon so manchem Zuhörer das Lachen im Hals stecken geblieben, so setzte Sebastian Pufpaff in „Wir nach“ fast durchgehend auf Konfrontationskurs und subtil-wirre Gedankengänge, die hart an der Grenze waren, aber nie über ihr Ziel hinausschossen. Indem der adrette Anzugträger Stammtischparolen und machohaftes Gedankengut aufgriff, satirisch überhöhte und nicht selten schmerzhaft zu Ende dachte, hielt er dem deutschen Durchschnittsdenker einen Zerrspiegel vor, der so manch hässliche Fratze zeigte.

„Die Stimmung im Saal wirkt angekratzt“, zog Sebastian Pufpaff immer wieder Zwischenbilanz, wenn er eine seiner Thesen auf erschreckende Weise erläutert hatte. Ein Beispiel? „Ohne Sexismus keine Gleichberechtigung!“ Schließlich seien die ersten Beförderungen von Frauen in höhere Positionen ermöglicht worden, indem sie sich „hochbumsen“ konnten. Und wenn sie dann in höherer Stellung waren, hätten die Männer gemerkt: „Die kann das tatsächlich!“ Ironisch gebrochen wurden derart fragwürdige Feststellungen, indem Sebastian Pufpaff sie weiterdachte: „Wenn Männer sich hochbumsen könnten, würde hier kein Kerl in diesem Saal sitzen, weil alle da draußen an ihrer Karriere arbeiten würden.“

Auch dem Thema Kinder, das der zweifache Vater Pufpaff aus eigener leidlicher Erfahrung kennt, näherte er sich auf eher ungewöhnlichen Wegen: Wenn es in seinem Wohnort eine Kindertagesstätte gibt, die Säuglinge ab ihrem sechsten Lebenstag (!) aufnimmt, warum gibt es dann keine Kita, in der die Mutter das Kind direkt zur Welt bringen kann? „Warum soll sich das Kind denn erst an die Eltern gewöhnen und nicht direkt in die Bärengruppe?“, fragte der Kabarettist, wo die Kleinen doch später eh die meiste Zeit mit Erzieherinnen verbringen werden.

Im Hause Pufpaff sei die Bindung zur Erzieherin besonders fortschrittlich: Da die chronisch unterbezahlte Kita-Frau nicht von ihrem Gehalt leben kann, jobbt sie im Bällebad eines Einkaufszentrums, so dass die Kleinsten dort zwei Stunden zwischengeparkt werden können, während die Eltern in Ruhe Sushi schlemmen. Und abends verdient sich die Erzieherin auch noch was als Babysitterin der Pufpaffs hinzu. Genial.

Herrlich verrückt gerieten die Ausführungen, wie man eine Zombie-Apokalypse in Rees überleben kann. Laut einer Liste im Magazin „Focus“ braucht man eine Waffe, ein Hausboot und einen Freund, der langsamer laufen kann, als man selbst. Die Wissenschaft definiere Zombies als „hirnlose Werkzeuge“, von denen, so Pufpaff, jeder im Saal bestimmt ein paar Exemplare in seiner Familie habe. Beste Beweise seien Laubbläser und Eltern, die ihre Kinder 500 Meter mit dem SUV-Panzer zur Schule fahren. Vor allem das deutsche Fernsehen schaffe immer mehr Zombies, da 20 Minuten Fernsehkonsum ausreichen, um den Frontallappen des menschlichen Gehirns zu betäuben. Und nach mehr als 20 Minuten „ZDF-Fernsehgarten“ gehe dann ohnehin jede Kritikfähigkeit stiften.

„Wir können jetzt anfangen, etwas zu ändern“, appellierte der Kabarettist am Ende seines Programms an die Zuhörer. Aber: „Wir machen es nicht. Wir sind Deutsche. Wir sind nicht rebellisch. Wir folgen.“ Und so folgten viele Besucher Sebastian Pufpaff, der grundsätzlich auf Zugaben verzichtet, ins Foyer des Bürgerhauses. Dort gab er geduldig und gut gelaunt nicht nur Autogramme, sondern auch ein Versprechen an das Reeser Publikum: „Ich komme wieder.“

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