Leiharbeiter Generalkonsul mit „ungutem Gefühl“

EMMERICH · Der rumänische Generalkonsul Gheorghe Dimitrescu war am Montag zu Gast in Emmerich. Mit Bürgermeister Peter Hinze sowie Vertretern des NRW-Arbeitsministeriums und des DGB besprach er die Situation der Leiharbeiter.

 Bürgermeister Peter Hinze (l.) mit Generalkonsul Gheorghe Dimitrescu (vorne r.), Tim Obermeier vom NRW-Arbeitsministerium (2. Reihe l.), Gewerkschaftssekretär Frank Thon (Mitte) sowie Karin Schlitt und Verena Artz (rechts) von der Emmericher Stadtverwaltung.

Bürgermeister Peter Hinze (l.) mit Generalkonsul Gheorghe Dimitrescu (vorne r.), Tim Obermeier vom NRW-Arbeitsministerium (2. Reihe l.), Gewerkschaftssekretär Frank Thon (Mitte) sowie Karin Schlitt und Verena Artz (rechts) von der Emmericher Stadtverwaltung.

Foto: Markus Balser

Die Situation der rumänischen Leiharbeiter, die in den Niederlanden arbeiten, aber in Deutschland leben, wird nicht nur im Kreis Kleve heftig diskutiert, sondern zieht jetzt auch diplomatische Kreise. Am Montag kam der Generalkonsul Rümäniens in Deutschland, Gheorghe Dimitrescu, zu einem Besuch nach Emmerich, um sich mit Bürgermeister Peter Hinze, dem DGB-Gewerkschaftssekretär Frank Thon und Tim Obermeier vom NRW-Arbeitsmininisterium auszutauschen. „Es ging darum, wie wir gemeinsam die Probleme lösen können“, sagte Hinze in einem anschließendem Pressegespräch.

Wie berichtet, hat die Corona-Krise ein Schlaglicht auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wanderarbeiter, die vorwiegend aus Rumänien stammen, geworfen. Nachdem der niederländische Schlachthof in Groenlo im Mai mit vielen Infizierten zu einem Corona-Hotspot geworden war, ging im Kreis Kleve, wo laut offiziellen Zahlen insgesamt rund 3500 Rumänen leben (davon etwa 670 in Emmerich), die Angst vor einer Infektionswelle um. Zumindest in Emmerich kann Entwarnung gegeben werden. Insgesamt hatte es hier rund 40 infizierte Leiharbeiter gegeben. Die abschließenden Testungen auf das Coronavirus wurden in der vergangenen Woche durchgeführt. Am heutigen Dienstag werden die letzten Wanderarbeiter in Emmerich aus der Quarantäne entlassen.

Am Montag hatte sich die Delegation von zwei hier lebenden Leiharbeitern schildern lassen, unter welchen Umständen sie hier leben und in den Niederlanden arbeiten. 38 Sammelunterkünfte sind in Emmerich bekannt. „Der Trend geht allerdings da hin, dass jetzt auch von einzelnen Leiharbeitern Wohnungen oder Häuser angemietet werden“, sagte Hinze. Weil in den Niederlanden etwa 60.000 Unterkünfte fehlten, sei der Kreis Kleve als Wohnraum für die Wanderarbeiter besonders attraktiv, auch wegen der niedrigeren Kosten. „In den Sammelunterkünften zahlen sie zwar zwischen 270 und 320 Euro im Monat für ein Bett, aber das ist für sie noch günstig“, haben sie uns geschildert“, berichtete der Bürgermeister, der bereits vor gut zehn Tagen erstmals in Kontakt mit dem rumänischen Konsulat war.

Die Situation seiner Landsleute habe in ihm ein „ungutes Gefühl“ hervorgerufen, erklärte Generalkonsul Dimitrescu, für den der Schlüssel des Problems in den Arbeitsverträgen mit den niederländischen, aber auch mit deutschen Firmen liege. Dennoch wollen nach seiner Einschätzung die meisten der hier lebenden Rumänen nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren. „Die Frage wird daher sein, wie wir helfen können, diese Menschen zu integrieren“, sagte der Generalkonsul.

Eine mögliche Antwort darauf gab DGB-Gewerkschaftssekretär Frank Thon. „Was wir brauchen, ist eine aufsuchende Sozialarbeit, die auf die Menschen in ihrer Landessprache zugehen kann.“ Thon hatte zuvor die Verhältnisse, in denen die Wanderarbeiter leben und arbeiten müssen, als „menschenunwürdig“ und oftmals „rechtswidrig“ bezeichnet. Mit den niederländischen Gewerkschaften sei er darüber schon seit längerem in engem Austausch. Er erwarte von der Landesregierung, dass sie das Thema zusammen mit der niederländischen Regierung auf die Tagesordnung bringt. Gebraucht werde ein strukturierter, grenzüberschreitende Datenaustausch, aber auch ein europäisches Gesetz, das regele, wie auf dem freien Arbeitsmarkt auch die Sozialrechte geschützt werden können. So sieht es auch Bürgermeister Peter Hinze: „Ein deutscher Alleingang bringt hier gar nichts. Dieses Problem muss zusammen mit den Niederlanden auf europäischer Ebene gelöst werden.“

Die Integration der hier lebenden Rumänen sieht Hinze als große Herausforderung für Emmerich an, die aber notwendig sei: „Wir können es uns nicht leisten, dass hier eine Parallelgesellschaft entsteht.“

In zwei bis drei Monaten soll ein weiterer Austausch von rumänischer und deutscher Ebene stattfinden.

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