Luftbilder aus Rees „Ein neuer Blick auf eine vertraute Stadt“

REES · Die Ressa-Vorsitzenden begeben sich am Mittwoch, 13. Februar, mit Hilfe von 250 Luftaufnahmen auf eine Zeitreise.

 Auf dem Foto ist der Reeser Stadtkern im Jahr 1964 zu sehen. Die katholische Pfarrkirche hat nur einen Turm.

Auf dem Foto ist der Reeser Stadtkern im Jahr 1964 zu sehen. Die katholische Pfarrkirche hat nur einen Turm.

Foto: Stadtarchiv Rees

So haben die Reeser ihre Heimatstadt garantiert noch nie gesehen: Am Mittwoch, 13. Februar, zeigt der Geschichtsverein Ressa ab 19 Uhr auf der großen Leinwand des Bürgerhauses die Entwicklung der ältesten Stadt am unteren Niederrhein anhand von mehr als 250 historischen und aktuellen Luftaufnahmen aus fast 100 Jahren. Der Eintritt ist frei. Vorab erzählen die Ressa-Vorstandsmitglieder Michael Scholten und Dirk Kleinwegen, was das Publikum im Bürgerhaus erwarten darf.

Wie entstand die Idee, den Luftaufnahmen von Rees einen Vortragsabend zu widmen?

Michael Scholten: Den Ausschlag gab ein Schwarzweißfoto vom Sommer 1978, das ich im Reeser Stadtarchiv fand. Das Bild zeigt die Windmühle meiner Familie, eher durch Zufall hat der unbekannte Fotograf auch mein Elternhaus festgehalten. Im Garten ist ein Indianerzelt zu sehen, das meine Oma und ich kurz vorher im Spielzeugladen Bauer gekauft hatten, außerdem sieht man meinen Vater beim Rasenmähen. Dieses Bild war eine konservierte Momentaufnahme meiner Kindheit, eine fotografierte Zeitreise. Ich bin sicher, dass es vielen Reesern genauso gehen wird, wenn sie die Luftaufnahmen sehen werden.

Woher kommen die Bilder, die Ressa am 13. Februar zeigt?

Dirk Kleinwegen: Das Stadtarchiv war die beste Anlaufstelle für die erste Recherche. In den Ordnern finden sich Fotos, Postkarten und sogar Poster aus vielen Jahrzehnten, oft liegen den Luftbildern auch ausführliche Notizen bei. Viele Motive hat der Geschichtsverein schon vor Jahren digitalisiert. Darüber hinaus haben wir im Internet und auf Büchermärkten nach alten Bildbänden und Postkarten gesucht. Wir haben auch gezielt Piloten und Fotografen kontaktiert. Deren Motive decken eher die letzten 20 Jahre ab.

Welche Bilder sind so in den Vortrag eingeflossen?

Scholten: Der Pilot Manfred Driever hat uns tolle Aufnahmen vom Neubaugebiet Queckvoor überlassen. Wo sich heute Haus an Haus reiht, sah man 1998 nur Felder. Erst aus der Luft erkennt man, dass die Queckvoor eines der größten Bauprojekte in der Reeser Geschichte war. Dort lebt heute auch Ressa-Mitglied Birgit Naves. Sie hat uns Bilder gegeben, die sie 2012 aus einem sogenannten Gyrokopter machen konnte. Sie war mit diesem Flieger während des Haldern Pop Festivals unterwegs. Der riesige Zeltplatz neben dem vergleichsweise kleinen Festivalgelände wirkt, aus der Luft betrachtet, wie ein zweites Dorf neben Haldern.

Gibt es besonders ungewöhnliche Luftaufnahmen von Rees?

Kleinwegen: Ressa-Mitglied Ewald Kersten hat 2003 die Gelegenheit genutzt, die City aus der Gondel eines ungewöhnlich hohen Steigers zu fotografieren. Und 2012 gehörte er zu den Reesern, die auf der Kirmes mit dem Riesenrad gefahren sind. Dabei hat er viele Bilder gemacht. Von Rainer Breuer kommen Bilder, für die er zur Jahrtausendwende einen Drachen hat steigen lassen, an dem eine Kamera befestigt war. Dabei entstanden tolle Momentaufnahmen von den freigelegten Mauerresten des Verbindungsdamms, dem sogenannten Bären, aber auch von der Deicherneuerung auf Höhe des heutigen Skulpturenparks. Und Holger Friedrichs, Geschäftsführer des Deichverbandes Bislich-Landesgrenze, hat uns jüngere Drohnenaufnahmen zur Verfügung gestellt, die den Deichneubau zwischen Bienen und Praest dokumentieren.

Haben Sie selbst schon mal den Niederrhein aus der Luft fotografieren können?

Scholten: Zum Glück mehrfach. Mitte der 90er-Jahre bei einer Heißluftballonfahrt ab Wesel, und 2014 bei drei Flügen mit dem Motorsegler ab Emmerich. Dabei sind auch durchaus gute Bilder von Rees, den Ortsteilen und mehreren Nachbarstädten entstanden. Aber als ich damals Bildbände und Ausstellungen plante, ließ Wahid Valiei aus Haldern regelmäßig seine Drohne steigen und veröffentlichte seine großartigen Fotos im Internet. Mit der Qualität konnten meine Bilder, die ich klassisch aus der Flugzeugkabine geschossen hatte, nicht mithalten. Natürlich zeigen wir Wahid Valieis Fotos und ausgewählte Filme auch im Bürgerhaus.

Wann wollen Sie selbst wieder in die Luft gehen?

Scholten: Witzigerweise habe ich Ende 2018 beim Novemberleuchten an der Eltener Mühle einen Gutschein für einen Segelflug ab Emmerich gewonnen. Weil Pilot und Passagier zusammen bis 180 Kilogramm wiegen dürfen, hoffe ich nun noch auf einen Jockey oder Grundschüler, der nebenbei auch Pilot ist. (lacht)

Worauf dürfen sich Besucher des Vortrags am Mittwoch
freuen?

Kleinwegen: Auf einen völlig neuen Blick auf vermeintlich vertraute und bekannte Stadtviertel, Straßenzüge und Sehenswürdigkeiten. Aber auch auf die Schönheit des historischen Stadtkerns, bevor er im Kriegsjahr 1945 nahezu ausgelöscht wird. Anhand von Luftbildern britischer Aufklärer zeigen wir die Ruinen und Krater und erklären, basierend auf früheren Forschungen unseres zweiten Vorsitzenden Klaus Kuhlen, warum es in der Dellstraße besonders viele zivile Kriegsopfer gab.
Scholten: Dann gibt es auch Bildserien aus den 50er, 60er und 70er-Jahren, anhand derer der Wiederaufbau der Stadt Rees detailiert nachvollzogen werden kann. Wer Fabriken wie Dobbelmann, Oldenkott oder Jasba und Supermärkte wie Selbego, Groma oder IB-Markt noch selbst erlebt hat, wird begeistert sein, sie alle nach mehreren Jahrzehnten wiederzusehen. Wie gesagt: Das ist eine fotografische Reise in die Kindheit oder Jugend vieler Reeser. Und wenn wir zum Schluss einen Drohnenflug über den Stadtkern und die Rheinpromenade zeigen, werden auch notorische Nörgler zugeben müssen, dass wir hier in einer sehr schmucken Stadt wohnen.

(RP)
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