Amprion-Stromautobahn Rat lehnt Stromtrasse durch Wald ab

REES · Fiel die Entscheidung in puncto Amprion im Reeser Rat noch einstimmig aus, war sie beim neuen Kindergarten auf dem Areal des früheren Hallenbades knapper. Nach langer Diskussion gab es dennoch grünes Licht.

Ungewohntes Bild: Am Dienstag kam der Reeser Rat im Bürgerhaus zusammen – natürlich unter Einhaltung der Abstandsregeln.

Foto: Michael Scholten

Der Widerstand gegen eine unterirdische Stromtrasse auf Reeser Gebiet wächst. Die Ratsmitglieder sprachen sich in ihrer jüngsten Sitzung einstimmig dagegen aus, dass die Firma Amprion eine Schneise durch den Halderner Wald schlägt, um Windenergie von der Nordsee bis zum Verteiler in Meerbusch zu leiten.

In einer gemeinsamen Resolution machten sich die SPD-Fraktion und die Grünen dafür stark, dass die Trasse mit der „nahezu zeitgleich herzustellenden Gasfernleitung Zeelink bei Wesel“ gebündelt wird. Dies werde auch in Vorgaben des Leitungskonzeptes empfohlen. „Wir haben ein vitales Interesse daran, nicht zur Stadt der verschiedenen Stromtrassen zu werden“, betonte Grünen-Fraktionssprecher Helmut Wesser und verwies auf die bestehende Hochspannungsverbindung Wesel-Doetinchem, für die der Halderner Wald bereits weiträumig durchschnitten worden sei. Wenn nun für die Gleichstromtrasse wieder große Teile des Waldes wegfallen, habe dies langfristige Folgen, weil an gleicher Stelle keine neuen Bäume gepflanzt werden dürfen.

Peter Friedmann kündigte an, die SPD werde um jeden Baum kämpfen, da der Kreis Kleve und die Stadt Rees nur noch wenige Wälder hätten, die der Naherholung dienten.

Bürgermeister Christoph Gerwers riet zur Besonnenheit. Es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, dass der gesamte Halderner Wald vernichtet werde. Für das betroffenen Teilstück würden neue Bäume gepflanzt, allerdings nicht auf Reeser Gebiet, da auch die Landwirte keine Felder oder Ackerflächen zur Verfügung stellten. Bei einem alternativen Trassenverlauf würde ebenfalls Wald gefällt werden müssen, jedoch auf Hamminkelner Gebiet. Die Stadt Rees sehe ein, dass ein Verlauf durch das Naturschutzgebiet der Bislicher Insel nicht in Frage komme, favorisiere aber einen alternativen Verlauf durch Rheinberg-Wallach.

Die Stadtverwaltung wird nun eine „qualifizierte Stellungnahme“ aufsetzen und bis zum 14. August einreichen. Darin spreche sich die Stadt gegen die von Amprion favorisierte Trasse durch den Halderner Wald aus. Reeser Bürgerinnen und Bürger können ihren Widerspruch bis zum 21. August geltend machen.

War die Entscheidung in puncto Amprion noch einstimmig, fiel sie beim neuen Kindergarten auf dem Areal des früheren Hallenbades knapper aus. Bei sieben Gegenstimmen und sieben Enthaltungen gab es zwar grünes Licht, doch dem vorausgegangen war eine lange Diskussion im Wahlkampf-Modus, ob am Grüttweg der Kindergarten mit drei Gruppen gebaut wird, von dem vor allem junge Familien aus Esserden und aus der Kolpingsiedlung profitieren sollen.

Bürgermeister Christoph Gerwers fand deutliche Worte: „Als der Ausschuss für Umwelt, Planung, Bau und Vergabe am 5. Juni über den Standort des neuen Kindergartens beriet, fehlte ich wegen Krankheit – und ich bin dankbar, dass ich diese Diskussion nicht mitanhören musste.“ Die Stadt Rees sei verpflichtet, bis zum Kindergartenjahr 2022/23 einen neuen Kindergarten mit drei Gruppen zu errichten. Auf dem 4450 Quadratmeter großen Gebiet könne sofort mit der Planung begonnen werden, zumal sich auch schon die Waisenhausstiftung als Träger sowie das Kreisjugendamt für einen Kindergarten an dieser Stelle ausgesprochen hätten.

Der erste Beigeordnete der Stadt Rees, Andreas Mai, hatte zuvor schon darauf verwiesen, dass sich das städtische Grundstück wegen hoher Auflagen ansonsten nur für eine mögliche Erweiterung der Liegewiese des geplanten Freibads oder für eine Erweiterung des Wohnmobilstellplatzes eigne. Für den Ortsteil Esserden ergebe sich endlich die Möglichkeit, einen Kindergarten in der Nähe zu haben, außerdem sei in der Kolpingsiedlung ein „Generationsumbruch“ mit vielen jungen Familien zu beobachten.

Die SPD hielt an ihrer Kritik fest und forderte die Prüfung alternativer Standorte, zumal Fraktionsvorsitzender Peter Friedmann auch die Verkehrs- und Parkplatzsituation am Grüttweg als Minuspunkt wertete. Grünen-Fraktionssprecher Helmut Wesser kritisierte nicht allein den Standort, sondern auch dessen kurzfristige Bekanntgabe durch die Stadtverwaltung sowie die fehlende Bereitschaft, den Wunsch der SPD und der Grünen nach anderen Standorten in der Innenstadt oder in Esserden zu unterstützen.

Am Ende der Diskussion ergriff CDU-Ratsherr Hubert Markett aus Esserden das Wort: „Ich habe mit mehreren Familien gesprochen: Die freuen sich auf den Kindergarten an dieser Stelle.“