Malerbetrieb in Millingen Meisterbrief statt Hochschulabschluss

MILLINGEN · Robert Tenbrink entschied sich, doch in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Er beendete sein Studium an der Hochschule Rhein-Waal nach einem Semester und setzte auf eine Ausbildung im Handwerk.

 Robert und Stefan Tenbrink.

Robert und Stefan Tenbrink.

Foto: Johannes Verwerich

Das Institut für Arbeit in Nürnberg glaubt, dass sich durch Corona wieder mehr junge Leute für das Handwerk entscheiden werden. Denn das Handwerk hat sich als vergleichsweise krisensicher erwiesen. Robert Tenbrink hatte schon vor der Corona-Krise sein Studium abgebrochen, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Nun hat auch er seinen Meisterbrief.

Seit drei Generationen ist der Malerbetrieb Tenbrink in Millingen im Familienbesitz. Lange sah es so aus, als würde die dritte Generation die Letzte sein. Denn genau wie sein älterer Bruder, wollte auch Robert nach dem Abitur lieber studieren. „Ich weiß gar nicht genau warum. Ich dachte studieren ist einfach besser.“

Doch nach schon einem Semester „nachhaltiger Tourismus“ an der Hochschule Rhein-Waal, hat der 22-Jährige gemerkt, dass er lieber Decken streichen und Wände tapezieren möchte, statt im Hörsaal zu sitzen. „Mir hat beim Studium das Erfolgserlebnis gefehlt. Am Ende des Tages die gestrichene Wand zu sehen, ist ein gutes Gefühl.“

 Seine zwei Lehrjahre machte Robert Tenbrink aber nicht zu Hause. „Dann ist man immer das Söhnchen vom Chef.“ Nach der Lehre ging es gleich auf die Meisterschule. Ein Jahr später konnte er sich jetzt seinen Meisterbrief abholen. „In der Meisterschule kriegt man so eine Art Baukasten fürs Leben“, sagt Robert Tenbrink dazu. Er hat gelernt, wie man einen Betrieb vermarktet und Mitarbeiter anleitet und auch, wie man mit Photoshop die Raumgestaltung plant.

In den letzten Jahrzehnten haben sich immer weniger junge Menschen für eine Handwerksausbildung interessiert. Nach Angabe des Zentralverbands des Deutschen Handwerks ZDH, gab es 2019 nur noch ein Drittel so viele neue Malerlehrlinge wie noch 1999.

Roberts Vater Stefan Tenbrink (55) hat in den vergangenen Jahren nur wenige Bewerbungen für seinen Meisterbetrieb mit sechs Gesellen bekommen. Und von denen hat keine gepasst. Seiner Meinung nach müsste man das Handwerk attraktiver machen. „Wenn ein angehender Handwerker 40 Kilometer zu seinem Ausbildungsbetrieb pendelt, muss er das selbst bezahlen. Studenten kriegen ein Semesterticket.“

Dass Corona ein Umdenken befördert, kann er sich durchaus vorstellen. „Wir hatten bisher immer genug zu tun. Vor der Krise waren die Auftragsbücher voll.“

„Das Handwerk braucht unbedingt Nachwuchs“, meint Robert. „Wenn die Generation meines Vaters in den Ruhestand geht, bricht ein Drittel aller Handwerker weg.“ Ob er den väterlichen Betrieb übernehmen wird, darauf will sich Robert Tenbrink noch nicht festlegen. Doch mit dem Meisterbrief hat er auf jeden Fall die Möglichkeit dazu.

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