Gaby Köster im Bürgerhaus in Rees Stirnfalten? Das sind Sixpacks vom Denken

REES · „Tach, Rees”, begrüßte Gaby Köster die 260 Zuschauer im Reeser Bürgerhaus. Und danach gab es Sitcom, Comedy im Sitzen.

 Gaby Köster bei ihrem Auftritt im Reeser Bürgerhaus.

Gaby Köster bei ihrem Auftritt im Reeser Bürgerhaus.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Noch immer gezeichnet von ihrem „drecksdrisseligen Schlaganfall”, der vor zehn Jahren das Leben der Kölner Komikerin komplett auf den Kopf stellte, meisterte Gaby Köster den kurzen Gang vom Bühnenrand zum bereitstehenden Stuhl auf eigenen Beinen, mit leichter Unterstützung durch einen Assistenten. Natürlich ließ die 57-Jährige diesen Einstieg nicht unkommentiert: „Willkommen beim betreuten Auftreten!”

Den Stuhl, auf dem Gaby Köster zwei Halbzeiten und eine Zugabe lang saß, verließ die Komikerin fortan nur noch in der Pause. „Sitcom”, heißt daher ihr Bühnenprogramm in schöner Doppeldeutigkeit. Steht das Kofferwort „Sitcom” doch eigentlich für das US-amerikanische Unterhaltungsformat „situation comedy”, dem auch Gaby Kösters großer Fernseherfolg „Ritas Welt” (1999-2003) angehörte. Jetzt aber, nachdem Köster sich über Jahre ins Leben und auf die Bühne zurückgekämpft hat, steht „Sitcom” für „Comedy im Sitzen”.

Sprang die ehemals „dümmste Praline der Welt” bei ihrem Debüt im Reeser Bürgerhaus vor fast 20 Jahren noch wild über die Bühnenbretter, legte sie diese Wildheit nun in ihre Stimme und Themenwahl. Mit verrauchtem Timbre las Gaby Köster ihre kritischen Worte vom iPad ab, wetterte gegen „Sozial-Pornos und anderen Driss im Fernsehen”, gegen die „Service-Wüste Deutschland”, in Gestalt von Taxifahrern, T-Punkt-Mitarbeitern, Paketzustellern und Miederwarenfachverkäuferinnen.

Wie in alten „7 Tage – 7 Köpfen”-Zeiten bekamen auch die „Dreibeiner” (Männer) oft ihr Fett weg, und Kösters Alter Ego, die 79-jähre „Oma Finchen”, knöpfte sich mit Altersweisheit und wachem Verstand („Ich habe keine Stirnfalten, das sind Sixpacks vom Denken”) den Jugendwahn vor.

Bärtige Hipster, Dachlatten-dünne Models mit riesigen Sonnenbrillen, Ganzkörpertätowierte, Veganer, Frutarier oder Ratgeber-schreibende Doktorinnen, die ihre Kinder durch den Kauf von pädagogisch wertvollem Holzspielzeug quälen: Sie alle sind Gaby Köster suspekt.

Das Publikum hörte aus jeder Zeile heraus, dass die Komikerin die gute alte Zeit zurücksehnt. Damals, als es noch „Sex, Drugs und Rock’n’Roll” gab, und nicht „Laktose-Intoleranz, Glutenfrei und Rauchverbot”. Mit diesen Worten zündete sie sich eine Zigarette an und pustete den Qualm durchs Bürgerhaus.

Den Reesern gefiel der etwas andere Comedy-Abend, der vergleichsweise ruhig und unspektakulär verlief und auch nicht mit den üblichen Zugabe-Rufen endete. Auch hier hatte Gaby Köster vorgesorgt: „Ich bin praktisch durch mit dem herkömmlichen Programm und mache jetzt die Zugabe. Denn wenn ich nach vorne komme, um mich zu verbeugen, isset schnell Mittwoch.” So schilderte sie noch gekonnt den perfekten Tag im Leben einer Frau und den (viel kürzeren) perfekten Tag im Leben eines Mannes.

„Zankt euch nicht und macht euch nicht zu viel Stress: Man kann nicht mehr als Essen”, lautete der abschließende Rat für die Weihnachtsfeiertage. Nach stehenden Ovationen für Gaby Köster nutzten noch viele Besucher die Möglichkeit zu Autogrammen und zu gemeinsamen Fotos mit der Komikerin: „Komma an meine gesunde Seite! Da isset schöner!”

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