Besonderer Polizist aus Emmerich Ralf Hartmann auf Streife in Spanien
EMMERICH · Im August wechselte Hauptkommissar Ralf Hartmann von der Wache in Emmerich im Rahmen eines internationalen Projekts zu einer Polizeiwache auf Mallorca. Mit Kollegen der Guardia Civil ging er im Ferienparadis auf Streife.
Vier Wochen Mallorca – wer würde sich das derzeit wohl nicht wünschen? Der Emmericher Ralf Hartmann verbrachte im August einen Monat auf der Ferieninsel. Da herrschten gut 35 Grad, aber im Pool war er nicht ein einziges Mal. Denn Hartmann war nicht als Tourist, sondern beruflich auf den Balearen. Der 60-Jährige ist Polizist, arbeitet als Hauptkommissar auf der Emmericher Wache. Ein internationaler Austausch brachte ihn nach Spanien, wo er vier Wochen die Arbeit seiner Kollegen von der Guardia Civil begleitete.
Das Programm, das Hartmann nach Mallorca brachte, beruht auf dem Prümer Vertrag, ein zwischenstaatliches Abkommen mit derzeit 13 Mitgliedstaaten der EU, das die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten verbessern soll. Bestandteil dieses Abkommens sind „Europäische Kommissariate“ – Polizisten der Mitgliedstaaten werden vorübergehend in ganz Europa eingesetzt. Für das Programm müssen sich die Beamten beim NRW-Innenministerium bewerben. Ralf Hartmann bekam den Zuschlag.
„Es war eine schöne Zeit, allerdings gerade am Anfang auch sehr anstrengend“, erzählt der Emmericher. Denn natürlich gab es Sprachbarrieren. Fließend Spanisch sprechen konnte er zwar schon, hatte unter anderem Sprachkurse der VHS belegt und auch zwei Intensivkurse in Andalusien absolviert, aber Sprachkurse und das richtige Leben sind eben noch mal zwei verschiedene Paar Schuhe. Dazu kommen die verschiedenen Akzente, die selbst für Muttersprachler nicht immer zu verstehen sind. Als Hartmann anfangs von einem spanischen Kollegen angesprochen wurde, verstand er kein Wort. „Da kamen mir Zweifel, ob ich ich hier richtig bin. Es stellte sich jedoch heraus: Der sprach Mallorquinisch, das ist noch mal etwas ganz anderes als Castellano“, erzählt der Emmericher mit einem Lachen. Und nach zwei bis drei Tagen hatten sich die Sprachprobleme gelegt.
Auf der Insel selbst war Hartmann auf der Wache von Santa Margarita im Nordosten Mallorcas eingesetzt. Das einstige Fischerdorf hat normalerweise um die 11.000 Einwohner. Wenn die Touristen kommen, sind es 40.000. „Dann ist da mehr los als in El Arenal“, sagt Hartmann.
Was ihm bei seinem Einsatz auf Mallorca besonders gut gefallen hat: Die spanischen Kollegen nahmen ihn nicht nur sehr herzlich auf, sondern behandelten ihn auch von Anfang an wie einen richtigen Kollegen. Der Emmericher Hauptkommissar war für vier Wochen fester Bestandteil des Dienstplans, zu Früh- und Spätschichten wurde er eingeteilt.
Zum einen nahm er in der Wache Anzeigen auf, zum anderen war er mit spanischen Kollegen in Zweierteams auf Streife. 85 Prozent der Fälle, mit denen er befasst war, betrafen Spanier, den Rest Touristen. Zu den Fällen, zu denen die Beamten gerufen wurden, gehörten vor allem Diebstähle. Etwa am Strand oder beim Einsteigen in den Bus, wenn sich Diebesbanden unter die Fahrgäste mischen. „Das Problem ist oft, dass die Touristen sämtliche Papiere an einem Ort aufbewahren. Wenn die dann auf einen Schlag weg sind, ist das natürlich nicht so schön“, sagt Hartmann. Dann helfen zu können und Ansprechpartner in der Muttersprache der Betroffenen zu sein, sei für ihn besonders schön gewesen. Die Polizei – Dein Freund und Helfer im allerbesten Sinne
Weniger schön: Auch häusliche Gewalt gehörte zu den Fällen, zu denen Hartmann und seine Kollegen gerufen wurden. Nicht nur hier gibt es Unterschiede von deutschem zu spanischem Recht: „In Spanien kann es sein, dass bei häuslicher Gewalt der Täter nicht nur der Wohnung verwiesen wird und ein Betretungsverbot erhält, sondern gleich in Gewahrsam genommen wird. Dann muss ein Richter entscheiden, ob er wieder freikommt“, so Hartmann. In Deutschland ist das etwas anders. In spanischem Recht wurden die Beamten aus dem Ausland deshalb auch gleich zu Beginn des Austauschs geschult.
Auf Mallorca wird den Polizisten aus dem Ausland große Aufmerksamkeit geschenkt und Respekt gezollt. Auch Kollegen aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Frankreich oder Italien, nehmen an dem Programm teil, das auf der Ferieninsel auch den Hintergrund hat, dass sich die Touristen sicherer fühlen sollen und im Notfall Ansprechpartner haben, die ihre Sprache sprechen. Gerade die Hoteliers stünden deshalb voll hinter der Aktion. Während Hartmanns Aufenthalt besuchten Vertreter der mallorquinischen Regierung die Beamten, ebenso der deutsche Konsul. Das Interesse der Medien sei groß gewesen. „Ein Beitrag darüber lief sogar in den Hauptnachrichten des spanischen Landes-Fernsehens“, erzählt der Emmericher.
Der für ihn wichtigste Aspekt seines Aufenthalts: „Die Chemie zwischen den Polizisten aus dem In- und Ausland hat vom ersten Tag an gestimmt, dienstlich wie privat. Wir waren wie eine große Polizeifamilie. Wenn Europa gut zusammenwächst, dann auf jeden Fall da.“ Kein Wunder also, dass die Kontakte zu seinen Kollegen in Spanien auch nach seiner Rückkehr nach Emmerich Bestand haben. WhatsApp macht’s möglich.
Ralf Hartmann überlegt derzeit, ob er sich nicht noch einmal für einen zweiten Auslandseinsatz in Spanien bewerben soll. Möglich wäre das auch auf Teneriffa, wo er im Frühjahr mit seiner Frau den Urlaub verbringen wird. Und vielleicht dort einmal ganz hinzieht. Im kommenden November wird der 60-Jährige in den Ruhestand gehen. Diesen, so ist sein Plan, würde er am liebsten in Spanien verbringen. Land und Leute hat er auch durch seinen Diensteinsatz dort kennen und schätzen gelernt.