Foto-Ausstellung „Fußball unsichtbar“ Frühschoppen zur Ausstellungseröffnung

REES  · Freibier statt Sekt und viel Fußballsachverstand gab es am Sonntag im Rathaus anlässlich der Vernissage zu „Fußball unsichtbar“.

 Geballter Fußball-Sachverstand bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus: Schiedsrichter Heinz Heßling, Ex-Profi Jupp Tenhagen, Fotograf Christoph Buckstegen, Moderator Werner Hansch sowie Bürgermeister und Bayern-Fan Christoph Gerwers diskutierten über Sinn und Seele des Fußballsports.   RP-Foto: Markus van Offern

Geballter Fußball-Sachverstand bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus: Schiedsrichter Heinz Heßling, Ex-Profi Jupp Tenhagen, Fotograf Christoph Buckstegen, Moderator Werner Hansch sowie Bürgermeister und Bayern-Fan Christoph Gerwers diskutierten über Sinn und Seele des Fußballsports. RP-Foto: Markus van Offern

Foto: Markus van Offern (mvo)

Werner Hansch zollte der Stadt Rees Respekt: „Wo erlebt man es schon, dass man mit Freibier im Rathaus empfangen wird?“, freute sich der Sportmoderator und regte an, das Sortiment künftig um Champagner und Pralinen zu erweitern, wie er es vor wenigen Wochen in der Sendung „Verstehen Sie Spaß?“ gesehen habe. Dazu werde es, trübte Bürgermeister Christoph Gerwers die Euphorie, wohl nicht kommen. Aber immerhin geht die aktuelle Kunstausstellung im Reeser Rathaus auf eine Initiative des Bürgermeisters zurück: Er sprach den Fotografen Christoph Buckstegen in Haldern auf der Straße an und bat ihn, seine sehr ausgefallenen Fußballbilder einer großen Öffentlichkeit zu präsentieren.

„Fußball unsichtbar“ heißt die Ausstellung, da fast ausnahmslos kein Ball und keine Spieler auf den Bildern zu sehen sind. „Christoph Buckstegen betreibt Archäologie, er kümmert sich um die Spuren der Vergangenheit“, sagte der Journalist Heiner Frost in seinen einleitenden Worten. Der Fotograf nähere sich dem Thema Fußball durch Abstand, erreiche durch die Abwesenheit des Erwartbaren deutlich mehr als der übliche Sportfotograf und suche die Seele des Fußballsports an anderer Stelle, zum Beispiel auf den Parkplätzen oder in der Nachbarschaft der Stadien.

„Mein Wunsch, die Atmosphäre des Fußballs im Rathaus spürbar werden zu lassen, ist in Erfüllung gegangen“, ergänzte Bürgermeister Christoph Gerwers. Er freue sich darauf, die Motive, die zum Teil noch aus Christoph Buckstegens Abschlussarbeit an der Fachhochschule für Foto, Film und Design in Bielefeld stammen, in den nächsten Monaten jeden Morgen auf dem Weg ins Büro sehen zu können.

Diese Art von Ausstellung spreche Kunstfreunde und Fußballfreunde gleichermaßen an, weshalb Werner Hansch dafür auch das Wort „Fußball-Feuilleton“ schuf. Was denn überhaupt das Faszinierende an diesem Sport ist, wollte Hansch beim „Frühschoppen“ herausfinden, für den der Ratssaal zur Kneipe mit Freibier und Salzstangen hergerichtet wurde. Gesprächspartner waren, neben dem fußballbegeisterten Bürgermeister und dem ausstellenden Künstler, auch der Ex-Fußballprofi Jupp Tenhagen sowie der Schiedsrichter Heinz Heßling. „Fußball ist eine der schönsten Mannschaftssportarten, die wir haben, aber es kommt auch auf die Einzelleistungen der Spieler an“, sagte Christoph Buckstegen, der als Kind in Isselburg kickte und bei Borussia-Spielen in Mönchengladbach mitfieberte.

Bürgermeister Christoph Gerwers listete die Zutaten für ein „schönes Spiel“ auf, die nicht für seine Lieblingsmannschaft Bayern München zählen: „Viele Tore, spannende Zweikämpfe, ein offensives Spiel und tolle Stimmung im Stadion.“

Werner Hansch hielt dagegen, dass nicht das „schöne Spiel“ der Sinn des Fußballs sei, sondern das „Gewinnen“, wie er vonTrainer José Mourinho gelernt habe: „Ob der Sieg durch zehn Verteidiger oder durch zehn Stürmer erzielt wird, ist egal. Der andere Trainer muss sich dann eine Taktik überlegen, die besser ist als die des Gegners.“ Das „schöne Spiel“ sei allenfalls eine Beigabe des Fußballs.

Jupp Tenhagen, 457-maliger Bundesligaspieler aus Millingen, bestätigte Werner Hanschs Eindruck, dass der Fußball heute viel schneller geworden sei als zu Tenhagens aktiver Zeit. Trotzdem könnten auch frühere Stars wie Uwe Seeler und Franz Beckenbauer auch heute noch Karriere machen, da das „Grundtalent“ durch moderne Trainingsmöglichkeiten aufblühen würde.

Nicht nur der Druck auf Spieler und Trainer sei im Laufe der Jahrzehnte gewachsen, auch Schiedsrichter müssten heute „leistungsorientierter“ pfeifen, betonte Heinz Heßling. Er habe jedoch nie verstanden, warum Schiedsrichter grundsätzlich keine Fehler machen dürfen, während es einem Spieler rasch verziehen würde, wenn er aus einem Meter Entfernung nicht das Tor getroffen hat.

Alle Gesprächspartner kritisierten den sinkenden Respekt und die wachsende Gewalt im Fußballsport, auf dem Platz und auf den Tribünen. „Selbst die Tradition, dem Gegner nach einem Spiel die Hand zu geben, geht verloren“, bemängelte Christoph Gerwers. Heinz Heßling war dankbar, dass er in seiner Schiedsrichter-Karriere nie körperliche Gewalt erfahren habe: „Vor allem im Ruhrgebiet hat es gedauert, bis ich mich als Landjunge von der Dingdener Heide durchsetzen konnte, aber zum Glück konnte ich bislang alle Konflikte mit Worten lösen.“

(Michael Scholten )
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