Emmerich "Onder de Poort" gibt es seit 600 Jahren

Emmerich · Im Jahr 1414 soll eine "Zoll- und Poststation" mit Getränkeausschank gebaut worden sein. Das Jubiläum wird gefeiert.

 Die Gaststätte "Onder de Poort" auf einem alten Foto, das irgendwann vor dem zweiten Weltkrieg aufgenommen wurde. Sie hat bewegte Zeiten überdauert. Im Krieg wurde das Gebäude zwar zerstört, später wurde es wieder aufgebaut und die Kneipe wieder eröffnet.

Die Gaststätte "Onder de Poort" auf einem alten Foto, das irgendwann vor dem zweiten Weltkrieg aufgenommen wurde. Sie hat bewegte Zeiten überdauert. Im Krieg wurde das Gebäude zwar zerstört, später wurde es wieder aufgebaut und die Kneipe wieder eröffnet.

Foto: NN

Von Monika Hartjes

Eher zufällig entdeckte Manuela Pertz, Pächterin von "Onder de Poort", dass das Gasthaus in diesem Jahr 600 Jahre alt wird. "Zur Neueröffnung im September bekam ich von den Eigentümerinnen Lore Stevens und Marion Tjaben-Stevens das Buch "Gaststätten in Emmerich", das vom Emmericher Geschichtsverein herausgegeben wurde", erzählt sie. Darin fand sie die Abschrift eines alten Zeitungsartikels. Und darin hieß es, dass das Wirtshaus "Onder de Poort" die älteste Gaststätte Emmerichs ist.

Demnach wurde sie bereits im Jahr 1414 gebaut und soll ursprünglich eine Zoll- und Poststation mit Getränkeausschank gewesen sein. Mitte des 17. Jahrhunderts war Christopher Rykers, Generalinspektor beim Zoll, der Inhaber. Dessen Tochter Käthchen (1674 - 1734), später als "das schöne Käthchen von Emmerich" bekannt, heiratete den Grafen von Wartenberg.

Das Wirtshaus "Onder de Poort" sah damals aus wie eine kleine Festung. Ein großes rot-weiß gestrichenes Holztor diente als Eingangstür. Die Möblierung war im altdeutschen Stil mit blank gescheuerten Tischen und Stühlen aus Rohrgeflecht. Die Theke war aus schwerem Holz mit wunderschönen Verzierungen.

Die Stube wird in dem alten Zeitungsartikel als "Schmuckkästchen" bezeichnet, mit echten Delfter Kacheln, Gemälden und kunstvoll geschmiedeten Gegenständen. Über der Theke hing eine ein Meter hohe Uhr, die jeden Abend aufgezogen werden musste. "Onder de Poort" verfügte über mehrere Gasträume. Neben dem Lokal lag die "Blaue Kammer", ein paar Stiegen höher die "Opkamer". Wenn das Hochwasser in der Stube stand, ging der Wirtsbetrieb in der Opkamer weiter. Eine Wendeltreppe führte zur Privatwohnung.

Wann "Onder de Poort" seinen Namen bekam, weiß man nicht genau. Das Krantor, nach dem das Wirtshaus wohl benannt wurde, wird 1534 erstmals in Dokumenten, nämlich Rechnungen, erwähnt. "Es herrschte ein reges Leben, Arm und Reich gingen hier gerne ein und aus", schrieb der Autor des historischen Presseartikels. Neben den Emmericher Bürgern kamen viele Reisende und Schiffer, auch Kurfürst "Jan Willem" aus Düsseldorf soll eingekehrt sein.

Schnaps war das Hauptgetränk, die Spezialität das "Zitrönchen" - Schnaps mit Zitrone. Auf den Tischen standen große, mit Tabak gefüllte Schüsseln, aus denen sich jeder kostenlos bedienen durfte. Und es heißt, der Gastwirt habe streng auf Ordnung geachtet und das Fluchen verboten.

Am 7. Oktober 1944 wurde auch "Onder de Poort" beim Bombenangriff auf Emmerich zerstört. Das Haus wurde beim Wiederaufbau 1,5 Meter höher angelegt, um vor Hochwasser geschützt zu sein, und mit einer Terrasse versehen. Langjährige Wirtin bei "Tübbe", wie die Gaststätte bei den Emmerichern genannt wurde, war das heute 88-jährige Original Alice Kemkes.

"600 Jahre sind ein Grund zum Feiern", sagt Manuela Pertz, die mit ihrem Lebensgefährten Marcel Meisters die Tradition und Atmosphäre des altehrwürdigen Gasthauses mit modernem Flair - Elektronik-Dart und Fernsehen - verbunden hat. Am letzten September-Wochenende wird auf der Stadtplatte mit Live-Band, Getränke- und Würstchenstand gefeiert.

(moha)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort