Rees Nach Zivi-Abschied: Freiwillige gesucht

Rees · Mit der Abschaffung des Wehrdienstes fällt auch der Zivildienst weg. Für Ruth Lohmann aus Mehr ein echtes Problem. Die Frau im Rollstuhl wurde bisher immer von Zivis betreut. Ende Mai beendet der letzte seinen Dienst.

Die Aufgaben, die Zivis erfüllt haben, sollen durch den neu geschaffenen "Bundesfreiwilligendienst" (BFD) übernommen werden. Ein System, das sich erst noch einspielen und bewähren muss. Ein wenig mulmig ist Ruth Lohmann daher derzeit schon zumute, denn ihr aktueller Zivi David wird sie Ende Mai verlassen und noch hat sie keinen Nachfolger gefunden.

Seit 1996 sitzt Ruth Lohmann im Rollstuhl, MS heißt die verniedlichend klingende Abkürzung für die Krankheit Multiple Sklerose, die ihre Beine weitgehend, ihre Arme und Hände bis auf ein wenig Druck mit dem Daumen der rechten Hand und ein wenig Bewegungsfreiheit mit dem Ellenbogen des linken Armes nahezu vollständig lähmt.

"Ich bin hilflos", sagt die ehemalige Bankangestellte, der ein mit Telefon, Joystick-Steuerung und einigem mehr ausgestatteter Spezialrollstuhl ein wenig Komfort bietet, ihr beispielsweise den Zugang zu Computer und Internet ermöglicht. Auch ihre Zeitung liest Ruth Lohmann täglich. "Umblättern muss ich mit dem Mund, und dann habe ich von der Druckerschwärze manchmal eine schwarze Nase", berichtet sie lächelnd.

"Die Jungs sind meine Hände"

Ihr Leben im eigenen Haus kann Ruth nur mit technischer Hilfe, wie einer auf Knopfdruck vom Rollstuhl aus sich öffnenden Haustür, und insbesondere mit der Unterstützung durch liebe Menschen meistern. Das fängt am Morgen an, wenn die Dame von der Caritas kommt, und ihr die Grundpflege zukommen lässt. Danach aber ist ihr jeweiliger Zivi gefragt, der mit ihr frühstückt und ihr dabei das Essen reicht, Mittagessen kocht, Einkäufe tätigt, mit ihr spazieren geht, Fahrten mit dem Auto unternimmt und vieles mehr. Der also, abgesehen vom Putzen, "Mädchen für alles" ist.

Abends steht dann nicht selten noch eine Partie Schach auf dem Plan. "Gegen die meisten habe ich verloren, aber manche habe ich auch geschlagen", erzählt Ruth Lohmann schmunzelnd. "Die Jungs sind meine Hände", betont die 65-Jährige, und das gilt natürlich nicht nur beim Schachspiel.

Im Hause von Ruth Lohmann in Mehr waren seit 1999 zwölf Zivis tätig, Steffen, Sven, Thorsten, Georg, Marcel, Simon, zwei Mal Dominik, zwei Mal David, Dino und René. Sie alle fanden hier nicht nur eine sehr herzliche Atmosphäre vor, sie haben auch einiges fürs Leben mitgenommen, schon in jungen Jahren erfahren, dass dieses nicht nur Sonnenseiten hat. Zudem haben sie einen liebenswerten Menschen kennengelernt, eine Frau, die ihnen manches beigebracht, die sich trotz schwerer, unheilbarer Krankheit ihr charmantes Lächeln bewahrt hat, und zu der sie alle auch heute noch Kontakt halten. Einmal fand bei Ruth Lohmann sogar eine feucht-fröhliche Zivi-Party mit gemeinsamem Pizzabacken statt. Außer zehn von Ruth Lohmanns "Jungs" war auch Markus Brüntink, Caritas - Mobile Pflege, zu Gast gewesen und hatte sich, ebenso wie Ruth Lohmann selbst, prächtig amüsiert.

(RP)
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