Haldern-Countdown (1) Musik für Altpunks, Dickköpfe und Verliebte

Emmerich · Am 13. August beginnt das Haldern-Pop-Festival. RP-Redakteur Sebastian Peters hat sich die aktuellen Alben der Bands bereits angehört. Hier sein Urteil:

Father John Misty (I Love You, Honeybear): Der amerikanische Sänger und Songwriter Josh Tillmann war schon mal in Haldern. Als Mitglied der gefeierten Band Neo-Country-Hippies Fleet Foxes gastierte er 2011 auf dem Reitplatz. Diese Band hat er inzwischen verlassen, tourt alleine durch die Weltgeschichte und spielt als Sänger und Songwriter einen seelenvollen Folksoul, der sich thematisch vor allem einem Thema widmet: der guten alten Tante "Liebe", die einem lyrisch hier in all ihren Facetten von Tragik bis Melodram begegnet. Von einer sich anbahnenden Liebe singt Father John Misty auf "I Love You, Honeybear" (Bella Union) ebenso wie von der traurigen Tatsache, dass dieses Phänomen Liebe vergänglich sein kann. Musikalisch hat er alles im Gepäck, war für Hitschmalz nötig ist: Geigen, Piano und einen aufmerksamen Gospelchor. Father John Misty, Du Honigbärchen, wir beginnen Dich zu mögen. Sound für: Verliebte & Getrennte. Klingt wie: Fleet Foxes, My Morning Jacket. Punkte: 4/5.

Laura Marling (Short Movie): Musik, wie Laura Marling sie auf "Short Movie" (Caroline) zaubert, hört man heute kaum noch. Die Britin, Mitbegründerin von Noah And The Whale und Ex-Lebensgefährtin von Marcus Mumford (Mumford & Sons) singt immer leicht asymmetrisch, klingt dickköpfig, intoniert in hohem Moll, und ihre Songskizzen sind nicht darauf angelegt, in einem großen Refrain zu kulminieren. Man denkt an die 80er, an Chrissy Hynde von den Pretenders, an Frauen mit Achselhaar. Spannend, wie hier die Stimme vom Mischer immer im Vordergrund positioniert wird, Gitarre und Drums nur Beiwerk im Hintergrund. Diese 13 Songs funktionieren als Gesamtkunstwerk, nur ein Song ragt heraus: "Gurdijeff's Daughter" ist ein Riese von einem Lied. Sound für: Dickköpfe. Klingt wie: Joni Mitchell, Nick Drake, Chrissy Hynde, Joanna Newsom. Punkte: 5/5.

Olli Schulz (Feelings Aus der Asche): Oliver Schulz kennt die große Öffentlichkeit als Blödelact aus der Pro7-Show "Circus Halligalli". Weit länger schon macht er Karriere als Songwriter, sein nunmehr drittes Album "Feelings aus der Asche" ist mehr als Quatsch mit Soße. Er schlägt hier ernste, traurige, sentimentale Töne an. Viele der Poprock-Lieder sind als Retrospektive geschrieben - ein Mann blickt auf Leben ("Als Musik noch richtig groß war") und Liebe ("Feelings aus der Asche") zurück. Unterstützt wird Schulz, der selber ein nur mittelmäßiges Stimmchen hat, musikalisch unter anderem von Gisbert zu Knyphausen am Bass und Thees Uhlmann im Backgroundgesang. Das Album feierte zwar in Deutschland Erfolge, Olli Schulz erreichte die Charts, aber zur Wahrheit gehört dies: Als Bühnentyp wird er immer größer bleiben denn als Musiker. Musik für: Sentimentale Altpunks. Klingt wie: Gisbert zu Knyphausen, Niels Frevert, Bernd Begeman. Punkte: 3,5/5.

Tora (Intro, EP): Der genetische Code der Musik der australischen Band Tora ist nicht so leicht zu entschlüsseln: Wir hören Spuren von Chillwave, aber bei genauem Hinhören geht diese Musik mehr in die Tiefe, ist kein Strandberieselungssound, sondern durchaus tanzbar. Insbesondere die Single "Calming Her" deutet an, welchen Weg das Quintett gehen kann. Manchmal klingen sie nach James Blake, dann wieder nach Efterklang. Ihre Debüt-EP "Intro" gibt es zum kostenlosen Download im Netz. Musik für: den Festivalstart oder das -ende, keinesfalls aber mittendrin. Klingt nach: James Blake, Massive Attack. Punkte: 3,5/5.

(RP)
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