Rees Lustvoller Abend im Bürgerhaus

Rees · Wollust, Balzverhalten und Zellteilung: In seinem Programm "Volksbegehren" nahm Kabarettist Jürgen Becker sein Publikum in Rees mit auf eine unterhaltsame Reise durch die Kulturgeschichte der Fortpflanzung.

Rees: Lustvoller Abend im Bürgerhaus
Foto: Michael Scholten

Was sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten, bekamen jetzt 350 Besucher im Reeser Bürgerhaus serviert. "Volksbegehren - Die Kulturgeschichte der Fortpflanzung" heißt das Bühnenprogramm des Kölner Kabarettisten und "Mitternachtsspitzen"-Moderators Jürgen Becker. Zwei Stunden lang philosophierte er über Wollust, Balzverhalten und Zellteilung. Illustriert durch erotische Kunst, Pin-up-Werbung und Wahlplakate, gelang Becker ein humoristischer Streifzug durch 4,5 Millionen Jahre Erdgeschichte, von der Blattlaus bis James Bond, vom Einzeller bis Horst Seehofer.

"Beim Sex kommt das Tierhafte in uns zum Vorschein", betonte der Gastgeber des ebenso lustvollen wie lustigen Abends und wählte allerlei Vergleiche aus dem Tierreich. Während die Blattlaus ganz ohne Zutun eines Lausbuben deutlich mehr Nachfahren produzieren kann als Franz Beckenbauer auf sämtlichen Weihnachtsfeiern des FC Bayern, darf im Bienenstock allein die Königin für Nachwuchs sorgen. "Das heißt, wenn wir Menschen Kinder wollen, müssten wir alle mit Angela Merkel schlafen", gab Jürgen Becker zu bedenken. Er lobte die Idee der Evolution, Tierarten zu schaffen, die ihr Geschlecht wechseln können, sobald es in einem bestimmten Gebiet zu wenig Männchen oder Weibchen gibt. Dies sei zum Beispiel für Aachen zu empfehlen, wo es an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule kaum Studentinnen gibt: "1000 Männer, keine Frau, ich studier' Maschinenbau."

Insgesamt werde Sex aber überbewertet. Laut Umfrage eines Kondom-Herstellers hätten die Deutschen viermal pro Woche Sex, für eine glückliche Partnerschaft empfahl Becker aber einmal Coitus pro Woche: "Er montags, sie mittwochs." Erfahrungsgemäß lasse die Leidenschaft im Laufe der Jahre extrem nach, was in Hollywood-Filmen jedoch nie thematisiert würde. So forderte Becker, in Streifen wie "Casablanca" und "Pretty Woman" nicht nur die aufflammende Liebe zu zeigen, sondern ruhig mal einen Blick in die Zukunft zu werfen, wenn Humphrey Bogart und Ingrid Bergman im Reihenhaus in Dinslaken wohnen oder Richard Gere und Julia Roberts drei Kinder mit ADHS haben und die Schwiegermutter einzieht. Oft sei auch der Gang zum Paartherapeuten hilfreich: Der hat einem befreundeten Paar erzählt, sie sollten sich ihre Wünsche ins Ohr flüstern. Da ist er morgens um vier aufgewacht und hat bei ihr ein Pils und einen Jägermeister bestellt."

Die Lustfeindlichkeit der Kirche kam ebenso zur Sprache wie deren Verurteilung von Homosexualität, die laut Becker aber seit 50 Millionen Jahren nachgewiesen werden könne und bei Pinguinen, Gorillas und im Vatikan ganz normal sei. Kritik übte der Kabarettist an den Geschehnissen auf der Domplatte zum Jahreswechsel: "Silvester in Köln steht seither für Inkompetenz und sexuelle Übergriffe, quasi Lothar Matthäus als Stadt." Mit einem Blick ins "Guinnessbuch der Rekorde" verwies Becker auf den marokkanischen Sultan Muley Ismael, der 888 Kinder gezeugt haben soll, und eine russische Bäuerin, die 69 Kinder zur Welt brachte. "Überlegen Sie mal, wie oft die zum Elternabend musste", wunderte sich Becker und verwies auf die bedeutende Rolle, die Omas und Opas heute bei der Erziehung von Enkelkindern spielen. Da die Aufzucht von Menschenkindern so lang und aufwendig ist, sind Frauen - neben Grindwalen und Elefantenkühen - die einzigen weiblichen Lebewesen, die deutlich länger leben, als sie fruchtbar sind. Und sie werden immer älter: "Früher kam der Tod mit 80. Heute trifft der die Alten gar nicht mehr an. Die sind beim Pilates."

Zum Ausklang des Abends verteilte Jürgen Becker Freibier an die Reeser und ging mit ihnen auch im Foyer des Bürgerhauses auf Tuchfühlung. Dort signierte er sein Buch "Zu dir oder zu mir? - Das Mysterium der Fortpflanzung", in dem die Höhepunkte seines Programms zusammengefasst sind.

(RP)
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