Emmerich Loreley und Betuwe: Kampf gegen Lärm

Emmerich · Wer sehen möchte, wie die Bahn eine ganze Region belasten kann, sollte ins Rheintal an die Loreley fahren. Hotels schließen, Bürger wandern ab. Der neue Bürgermeister hat sich den Kampf gegen den Lärm zur Aufgabe gemacht.

 Wie die Betuwe am Niederrhein: In unmittelbarer Nähe zu den Fachwerkhäusern der Loreley-Stadt St. Goarshausen rattern die Güterzüge vorbei.

Wie die Betuwe am Niederrhein: In unmittelbarer Nähe zu den Fachwerkhäusern der Loreley-Stadt St. Goarshausen rattern die Güterzüge vorbei.

Foto: Latzel

Gerade hat Heinz-Peter Mertens sein neues Amt als Bürgermeister angetreten. Zur Einführung gab es einen kleinen Empfang mit Gästen von auswärts. Wie die geschlafen haben, hat er lieber nicht gefragt. "Ich weiß doch genau, was dann kommt: Alle beklagen sich über den Lärm durch die Bahn", sagt Mertens. Viele machen nachts kein Auge zu. Hoteliers machen die Erfahrung, dass Gäste wegen des Lärms schon nach zwei Tagen wieder abreisen.

St. Goarshausen ist die Heimat der Lorely und gehört zu den reizvollsten Tourismusregionen Deutschlands. Doch wer einmal erleben will, welche gravierenden Auswirkungen Zuglärm haben kann, braucht nur ein Wochenende in der Ecke zu verbringen. Einst prachtvolle Hotels stehen leer, an vielen Häusern steht ein "Zu verkaufen"-Schild, viele Menschen wollen wegen der Bahn wegziehen. Bürgermeister Mertens spricht angesichts der Entwicklung von einer "schleichenden Enteignung".

Der Verwaltungschef kennt die Probleme bestens, weil er seit 20 Jahren selbst direkt an der Strecke wohnt. Passiven Lärmschutz hat er bekommen, sprich: besonders schalldichte Fensterscheiben. "Das hilft wenigstens ein bisschen", sagt er. Weitere Hilfe war zugesagt: Direkt bei ihm am Haus hat die Bahn Schienenstegdämpfer einbauen lassen. Für den Bürgermeister ist das rausgeschmissenes Geld. "Das reduziert den Lärm überhaupt nicht." Den Kampf gehen den Bahnlärm hat er sich als ein Hauptziel mit auf die Agenda für seine Amtszeit geschrieben. Er weiß, dass er es mit einem übermächtigen Gegner zu tun hat. "Bei der Bahn die richtigen Ansprechpartner zu finden, ist kaum möglich. Du fühlst dich da wie beim Kampf David gegen Goliath."

Man sei eben kein Ballungsraum, "da hast du dann nicht so eine große Lobby", meint er. Gerade deshalb findet er es wichtig, dass inzwischen ein Netzwerk der Initiatven gegen den Bahnlärm geknüpft wird. Auch die Niederrheiner arbeiten mit den Aktivisten im Rheintal zusammen. Schließlich sind die Probleme ähnlich. In Goarshausen erinnern die Verhältnisse an Praest oder Haldern. Auf der einen Seite liegt eine viel befahrene Bundesstraße, dann kommt eine Reihe mit Häusern, dahinter verläuft direkt die Bahnstrecke. Problem im Rheintal ist, dass die Strecke direkt vor den Bergen verläuft. Da ist gar kein Platz für eine Lärmschutzmauer.

Wie kann da überhaupt geholfen werden? "Unser größter Wunsch wäre die komplette Verlegung der Trasse. Aber das werde ich nicht mehr erleben", sagt der Neu-Bürgermeister. Er setzt daher auf andere Dinge. Gerade ist vereinbart worden, dass 20 Prozent der Güterzüge mit Flüsterbremsen ausgerüstet werden müssen. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten: "Es wäre sinnvoll, sich an der Schweiz zu orientieren. Dort werden gar keine Güterzüge auf die Strecke gelassen, wenn sie nicht über diese Bremsen verfügen."

(zel)
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