Unsere Woche Kirchenstreik der Frauen
Emmerich · Vielleicht haben Sie es in dieser Woche in unserem Lokalteil gelesen. Am 12. Mai wollen die katholischen Frauen in Emmerich in einen Streik treten. Sie gehen an diesem Sonntag nicht in die Kirche, sondern protestieren davor.
Das soll die Empörung über Missstände in der Kirche ausdrücken, besonders Missbrauchsfälle und deren Vertuschung. Es geht aber auch um den Zugang für Frauen zu Ämtern in der Kirche.
Wichtig übrigens: Es gibt keinen Missbrauchsfall in Emmerich.
Erfunden haben die Aktion Frauen aus dem Münsterland. Die Emmericher Frauen schließen sich an.
„Was soll’s?“, fragt sich mancher Leser. In Zeiten, in denen die Gotteshäuser ohnehin leer sind, wirkt ein streikendes Nicht-Betreten derselben nicht gerade wie ein Erdbeben.
Natürlich wird es den Geistlichen auf der Kanzel wehtun, wenn nun auch die letzten Kirchgänger warnend fernbleiben. Und natürlich wird der Bischof in Münster das registrieren.
Aber erstens halte ich es für eine verheerende Entwicklung, die Kirche und ihre Priester unter eine Art Generalverdacht zu stellen. Und zweitens handelt es sich bei der römisch-katholischen Kirche um eine Gemeinschaft von 1,3 Milliarden Menschen, verteilt auf die verschiedensten Kontinente und unterschiedlichsten Länder. Selbst wenn sich bei uns eine Art kirchliche Graswurzelbewegung bildete: Die schrumpfende Zahl deutscher Christen ist wohl kein Motor mehr. Wir leben nicht mehr im Jahr 1517, als Martin Luther mit seinen Thesen die römische Kirche ins Wanken brachte.
Der Kirchenstreik erinnert ein wenig an „Friday for future“, bei dem Schüler seit geraumer Zeit an einem Freitag die Schule schwänzen, um für mehr Umweltschutz zu protestieren. Es ist der Versuch eines jugendlichen Ungehorsams für die gute Sache, der vermutlich auch deswegen so lange anhält, weil sich Schulpolitiker und Schulleitungen ungern darüber äußern, was mit den Schulschwänzern geschehen soll.
Nebenbei: Es muss selbstverständlich Konsequenzen geben. Was würde schließlich passieren, wenn junge Leute mit weniger löblichen Absichten dauerhaft dem Unterricht fernblieben?
Geht es in Emmerich auch um Ungehorsam? Das spielt sicherlich mit hinein, auch deshalb, weil die Katholiken in Emmerich schon immer gerne unangepasst waren. Und sehen wir es als Kompliment: Wer gegen die Verhältnisse in der katholischen Kirche protestiert, ist von deren Wichtigkeit überzeugt. Und sie ist ihm so lieb, dass er sich kümmert.
Der konsequenteste Weg, die Dinge einzufordern, wäre übrigens nicht das Fernbleiben, sondern das massenhafte Erscheinen im Gotteshaus. Sie erinnern sich vermutlich an die turbulenten Zeiten unter Pastor Weidisch und Kaplan Olding in Emmerich. Die beiden jungen Amtsträger wollten Veränderungen in der Kirche. Ihr Denken war ungewöhnlich, ihr Handeln gelegentlich radikal. Und die Sache endete bekanntlich auch nicht mit einem Happy End.
Aber die beiden jungen Geistlichen haben bewiesen, dass es bei vielen Menschen eine Sehnsucht nach Kirche und Gemeinschaft in der Gemeinde gibt. Sie hatten viele Zuhörer, die Kirche war voll.
Deshalb finde ich den Streik der Frauen gut (an ihm können auch Männer teilnehmen, sagen die Frauen). Denn so ein Streik ist allemal besser als der stille Protest der Anderen: der Kirchenaustritt.