Emmerich Innenwelt von Mensch und Natur

Emmerich · Der projektraum-bahnhof25.de zeigt Arbeiten von Barbara Schmitz-Becker und Petra Höcker. Gochs Museumschef Stephan Mann eröffnet heute die Ausstellung.

 Petra Höcker mit einer ihrer Arbeiten im Klever projektraum-bahnhof 25.

Petra Höcker mit einer ihrer Arbeiten im Klever projektraum-bahnhof 25.

Foto: eve

Die menschliche Haut ist ein besonderes Organ, sie schützt, aber sie zeigt auch viel, verrät Gefühle, ist verletzlich. Diese Thematik hat die Installationskünstlerin Petra Höcker in ihren Arbeiten aufgegriffen und sie wagt einen Blick in die Innenwelt des Körpers und seiner Organe, in das, was das Auge nicht sieht, die Intuition aber erspürt. Die filigranen Verästelungen im Wurzelwerk eines Baumes, verborgen in der Erde stellt Barbara Schmitz-Becker dar. Ihr Thema sind Vorgänge der Natur, wissenschaftliche Fakten des Lebendigen. Werke beider Künstlerinnen sind ab Samstag, 28. Januar im projektraum-bahnhof25.de zu sehen. Zur Eröffnung um 16 Uhr spricht Dr. Stephan Mann vom Museum Goch.

"Anatomie und Intuition", so bezeichnet Petra Höcker selbst das Thema ihrer plastischen Arbeiten. Ein Stück Haut, durchscheinend und transparent, aber blutbeschmiert, nicht glatt, an manchen Stellen voll Schmutz, verkrustet, gerissen, verletzt. Die dreidimensionalen Werke fesseln den Betrachter, weil sie etwas Unsichtbares sichtbar machen, weil sie an etwas erinnern, das im Unterbewusstsein verankert scheint.

"Was zeigen wir, was schützen wir?", fragt die Künstlerin und betont, wir als Menschen spürten zwar unseren Körper, verstünden die Vorgänge in seinem Inneren aber nur bedingt. "Ich stelle intuitive Organe dar, Metamorphosen des Körpers", so Höcker. Das "große Ganze der menschlichen Existenz mit all ihren Rätseln und Abgründen" sei nicht nur das Dargestellte, sondern es sei auch Teil der Kunstbetrachtung, eine Art "Selbstgründungszirkel". Manchmal ist Körperlichkeit auch schwebend und leicht. Eine Arbeit aus Hanf schwebt im Raum, der Betrachter ergründet seine Balance, seine Schwerelosigkeit - auch ein Körpergefühl, das erinnert wird.

Die Werke von Barbara Schmitz-Becker ergänzen das Thema Innenwelten. Ihr Ansatz ist ein naturwissenschaftlicher. Inspiriert durch das Buch "Das geheime Leben der Bäume" von Peter Wohlleben stellt sie die feinsten Kapillargefäße von Baumwurzeln dar. Sie ragen hell in den Raum, kleine Spitzen aus Keramik stellen Pilzsporen dar, die der Baum aussendet, eine verborgene Kommunikation innerhalb der Pflanzenwelt. Eine andere Installation zeigt winzige Keimlinge mit grünen Spitzen. "Unter einer Zinkwanne im Garten entdeckte ich einen weißen Keimling, der ein kleines grünes Blatt ausgebildet hatte und sich ans Licht kämpfte. Dieses Bemühen um Leben hat mich berührt und inspiriert", sagt die Künstlerin. Anregungen zu ihren Arbeiten bezieht Barbara Schmitz-Becker auch aus ihrer Mitarbeit im Eden Zwo Labor, einem alternativen Forschungsinstitut, das einen Austausch mit dem Svalbard Global Seed Vault ("Weltweiter Saatgut-Tresor") auf Spitzbergen pflegt. Dort lagern als Sicherheitskopie viereinhalb Millionen Samenproben aus der ganzen Welt. "Es gibt Blütenpollen, deren Farbe hunderte Jahre erhalten bleibt", erläutert die Künstlerin ihre Arbeit "Blütenpollen", unzählige kleine gelbe Spitzen auf feinen Drähten. Barbara Schmitz-Becker lenkt den Blick des Betrachters auf kleine Ausschnitte der Natur, um, wie sie selbst sagt, die Ehrfurcht vor dem Leben wieder zu erwecken und das Schützenswerte zu zeigen.

Ein Raum der Ausstellung ist dunkel. Schmales Licht fällt von der Decke nur auf ein einziges Geflecht einer Wurzel, die an der Decke aufgehängt bis zum Boden reicht. Sie dreht sich leicht, zum Zeichen der Lebendigkeit. Die "Schattenwurzel" lebt in der dunklen Erde, vor unseren Augen verborgen. "Ich möchte die Entfremdung von der Natur wieder rückgängig machen, indem ich das Faszinierende ihrer Vorgänge zeige", sagt Barbara Schmitz-Becker.

Der Kunstverein projektraum-bahnhof25.de an der Bahnhofstrasse 25 wurde vor neun Jahren von Elisabeth Schink, Ulrike Scholder und Dirk Knickhoff gegründet. Er zeigt sechs Ausstellungen pro Jahr. Die aktuelle Ausstellung dauert vom 28. Januar bis 19. Februar.

Öffnungszeiten sind samstags und sonntags von 13 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung unter bh25.de@gmail.com

(RP)
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