Emmerich Inklusion: Schadet sie schwachen Schülern?

Emmerich · Pädagogen glauben: Lernbehinderte Kinder haben im neuen Schulsystem weniger Chancen.

 Blick in die Informationsrunde, die im Willibrord-Gymnasium stattfand.

Blick in die Informationsrunde, die im Willibrord-Gymnasium stattfand.

Foto: Markus van Offern

Inklusion ist momentan eines der wichtigsten Themen der Schulpolitik. Was eigentlich hinter dem Konzept steckt und welche Auswirkungen neue Gesetzesänderungen für den Schullalltag haben, erklärten jetzt Regina Henke, Schulleiterin des Förderzentrums Grunewald, und Sonderschullehrerin Tanja Noris.

In der Cafeteria des Willibrord Gymnasiums fanden sich viele Lehrkräfte, Sozialarbeiter und Privatleute ein. Inklusion, das gemeinsame und zielgleiche Unterrichten von Kindern mit und ohne Handicap, soll in Zukunft per Gesetz geregelt werden. Der Entwurf ging im März in den Landtag und wird in Kürze verabschiedet.

Sonderschulleiter wie Regina Henke können über die zahlreichen neuen Regelungen nur den Kopf schütteln. "Den Antrag auf sonderschulischen Förderbedarf können in Zukunft nur noch die Eltern stellen", erklärte Henke. Man könne jedoch nicht erwarten, dass die Eltern diesen Bedarf überhaupt erkennen. Des Weiteren soll der "Regelförderort" für Schüler mit Behinderungen die allgemeine Schule sein. Statt der Vollzeitbetreuung durch einen Sonderschullehrer würde das Kind im normalen Schulalltag in Zukunft nur etwa fünf Stunden die Woche durch einen Sonderpädagogen betreut. "Die restlichen 22 Stunden müsste ein Lehrer allein mit dem Schüler klar kommen", so Henke.

Die Kinder bleiben möglicherweise auf der Strecke. Ein Lehrer an einer weiterführenden Schule sei zum einen dafür gar nicht ausgebildet, zum anderen habe er in einer oft 30-köpfigen Klasse für die besondere Betreuung keine Zeit. Zwar ist es den Eltern weiterhin freigestellt, ihr Kind auf eine Förderschule zu schicken, diese werde es wohl dank des neuen Gesetztes nicht mehr überall geben. "Die Mindestgröße für eine Förderschule beträgt 144 Schüler", sagte Henke. Im Kreis Kleve konnten einige Schulen nur durch Zusammenlegung erhalten bleiben. Emmerich bleibt bestehen.

Die Idee der Inklusion verurteilen Experten der Förderschulen nicht. Gerade in Emmerich würden seit fünf Jahren erfolgreich Schüler integriert. Man könne Inklusion nur nicht erzwingen. "Das Konzept ist nicht für alle Schüler geeignet", meinte Sonderschullehrerin Tanja Noris, die bisher mehrmals in der Woche die betreffenden Schüler an den allgemeinen Schulen betreut.

Die ohnehin schon hoffnungslos unterbesetzten Sonderschulen würden durch den neuen Gesetzesentwurf, der das alte System erhalte und zugleich ein zweites einführe, in Zukunft wohl noch mehr Probleme bekommen. "Wir müssen uns zweiteilen", so Noris.

(sabr)
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