Meinung Inklusion nur mit den richtigen Bordmitteln

Rees · Politik und Stadtverwaltung in Rees lehnen das gemeinsame Lernen an der Realschule weiterhin ab. Eine Entscheidung nicht gegen, sondern für Schüler mit Handycap.

 Inklusion: Wenn die Ausrüstung nicht passt, ist sie trotz aller Anstrengungen nicht zu stemmen.

Inklusion: Wenn die Ausrüstung nicht passt, ist sie trotz aller Anstrengungen nicht zu stemmen.

Foto: Schwarze-Blanke

Im Schulausschuss und im Rat hat die Reeser Politik in dieser Woche eine eindeutige Entscheidung getroffen, die wahrscheinlich für Gesprächsbedarf bei der Bezirksregierung in Düsseldorf sorgen wird. Denn auch im kommenden Schuljahr soll die Realschule Rees keine Schule des „Gemeinsamen Lernens“ (GL) von Schülern mit und ohne Handycap werden.

Bereits im vergangenen Jahr hatten Politik und Stadtverwaltung eine solche Entscheidung getroffen und nur mit intensiven Gesprächen abwenden können, dass in Rees neben der Hauptschule eine zweite GL-Schule installiert wird. Aber was bedeutet das eigentlich?

 Markus Balser.

Markus Balser.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)/Stade,Klaus-Dieter (kds)

Seit einiger Zeit setzt das Land auf eine Neuausrichtung der Inklusion. Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf stehen nicht nur die Förderschulen, sondern auch weiterführende Schulen offen. An der Reeser Realschule wird das bislang über eine Einzelfall-Regelung gehandhabt. Das heißt, dass die Schule mit (wenigen) zusätzlichen Pädagogen arbeitet, die auch nur für eine überschaubare Anzahl von Kindern zuständig sind. Wie die Realschule in dieser Woche erklärte, funktioniere diese Praxis trotz des gestiegenen Aufwands bislang auch gut.

Eine Schule des „Gemeinsamen Lernens“ ist allerdings eine Schule, an der es generell möglich sein soll, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Handycap gemeinsam unterrichtet werden sollen. 25 Schüler pro Klasse, davon drei mit Förderbedarf, betreut von 1,5 Pädagogen – so sollte eine GL-Schule rein theoretisch funktionieren können, sagt die Bezirksregierung.

Das hört sich doch eigentlich ganz vernünftig an. Sind also Stadt und Politik in Rees dagegen, die Inklusion an ihren Schulen weiter voranzutreiben?

Eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Denn mit der Entscheidung gegen eine weitere GL-Schule zum jetzigen Zeitpunkt werden Schüler und Lehrer geschützt.

Zum einen fehlt es der Reeser Realschule nach eigenem Bekunden an Räumlichkeiten Zum anderen ist auch nicht genau klar, nach welchen konkreten Vorgaben eine GL-Schule tatsächlich laufen soll. Wie die Stadt Rees bei ihren Gesprächen mit der Bezirksregierung erfuhr, ist der erwähnte Schüler-Lehrer-Schlüssel nur eine lose Richtschnur. Es können also vielleicht auch ein paar Schüler mehr oder weniger sein.

Ob dann auch genügend Lehrer da sein werden, die dieses Konzept umsetzen können?. An Sonderpädagogen herrscht erkennbarer Mangel. Und die Fortbildungen, die für das restliche Kollegium notwendig sind, wurden zwar von der Bezirksregierung schnellstmöglich zugesagt, sollen aber erst dann beantragt werden können, wenn die Zusage der Stadt für eine GL-Schule steht. Eine seltsame Regelung.

So lange diese Fragen für die Realschule nicht geklärt sind, tut die Stadt Rees auf jeden Fall gut daran, ihren bisherigen Kurs beizubehalten. Eine GL-Schule ja, aber nur, wenn die Bordmittel dafür auch vorhanden sind. Alles andere wäre ein Experiment mit ungewissen Ausgang – auf dem Rücken der Schüler und der Lehrer. So funktioniert Inklusion wahrscheinlich eher nicht.

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