RP-Serie Gut Zu Wissen Immer ältere Ärzte in den Land-Praxen

Emmerich · Das Thema "Ärztemangel auf dem Land" lässt bei den Menschen in der Region die Alarmglocken schrillen. Tatsächlich leiden darunter schon jetzt die Patienten in Teilen des Kreises Kleve. Auch Gesetzesänderungen betreffen die Region.

Der Ärztemangel werde in der Ärzteschaft im Kreis Kleve schon lange diskutiert, sagt Dr. Hans-Jürgen Doerwald, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein: "Bereits vor zehn Jahren haben wir davor gewarnt, dass eine ortsnahe Versorgung kaum noch möglich ist." Man habe sich an die Politik gewandt, "dort aber nichts erreicht".

Aktuell gibt es im gesamten Kreis Kleve 177 Hausärzte. Auffällig ist dabei vor allem, wie sich die Altersstruktur verändert. "Obwohl der Kreis offiziell insgesamt noch gut versorgt ist, kann man schon allgemein von einer Unterversorgung sprechen, die nur noch durch die älteren Ärzte kompensiert wird, die eigentlich in Ruhestand gehen wollen", so Doerwald.

So sind von den 177 Ärzten mehr als 75 zwischen 50 bis 59 Jahre alt, in der Altersklasse 60 bis 69 Jahre gibt es 43 Ärzte, und acht Ärzte sind 70 Jahre oder älter. Erst vor fünf Jahren wurde die Altersgrenze für Ärzte abgeschafft. Bis 2008 durften Mediziner, die älter als 68 Jahre alt waren, nicht mehr praktizieren.

Mit Blick auf den gesamten Kreis fasst Doerwald zusammen: "Man kann davon ausgehen, dass in den nächsten Jahren ungefähr 75 Hausärzte notwendig wären, um eine Normalversorgung zu gewährleisten." In den Gemeinden Kranenburg, Bedburg-Hau, Goch, Rheurdt und Kerken bestehe bereits jetzt eine manifeste Unterversorgung.

Er glaubt, dass die Probleme unter anderem an einem sinkenden Stellenwert der Allgemeinmedizin liegt: "Die Wertung der Hausärzte wurde über die Jahre vernachlässigt." Beispielsweise werde schon im Studium sehr früh Wert auf Spezialisierung gelegt. Professoren, die Allgemeinmedizin lehren, seien rar, die obligatorische Praktikumszeit in einer Praxis zu kurz. Viele junge Krankenhausärzte hätten ein gänzlich falsches Bild von den Tätigkeiten der Allgemeinmediziner: "Wir sind nicht nur für Husten und Schnupfen zuständig", betont Doerwald.

Durch die Politik wurden Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Situation zu verbessern. Jedoch dauere es immer einige Jahre, bis solche Veränderungen greifen und Erfolge bringen, gibt Doerwald zu bedenken. Zudem müssten unterstützende Angebote "dann aber auch in Anspruch genommen werden", und das sei bei einer Imageproblematik des Berufsbildes nicht garantiert.

Deutschlandweit ist die Zahl der Praxisgründungen in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Ließen sich im Jahr 2005 noch 3600 Hausärzte in einer Praxis nieder, waren es 2012 nur noch 920 Mediziner.

(sand)
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